Yukos, das Recht und Russland
Nach allem, was man weiß, ist die im größten Verfahren in der Geschichte der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit nun erfolgte Verurteilung Russlands wegen der Enteignung des Ölgiganten Yukos zu Recht erfolgt. Nur machen zwei Aspekte das nach zehn Jahren beendeten Schieds-Verfahren sehr bedenklich.
Nur die russische Propaganda und deren Vervielfältiger sehen das anders (Russland hatte übrigens einen der drei Richter nominiert). Putins Freunde und gehorsame Vollzieher übernahmen Yukos und setzen heute den ganzen Energiesektor im Dienste der expansiven Großmachtpolitik ein.
Es gibt aber zwei Aspekte, die trotz aller Berechtigung des Urteils des Ständigen Schiedsgerichtshofs in Den Haag Bauchweh verursachen. Das eine ist die schier unendlich lange Dauer vieler Verfahren insbesondere vor internationalen Gerichtshöfen. Fast zehn Jahre dauerte dieses Verfahren. Und jetzt denken Juristen schon über weitere Rechtszüge nach. Offenbar begreifen viele Richter nicht: Je weiter ein Urteil vom Delikt entfernt ist, umso weniger wird es als rechtsstaatlich angesehen.
Der zweite Aspekt hängt zumindest indirekt mit dem ersten zusammen: Dieser internationale Gerichtshof hat ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt sein Urteil gesprochen, da Russlands Image weltweit auf dem absoluten Tiefpunkt angekommen ist, da selbst die deutsche Industrie und das österreichische Außenministerium ihre Rücksicht auf Putin und auf Investitionen aufgegeben haben. Jetzt kann russisches Vermögen gepfändet werden. Was natürlich das Schiedsgericht extrem politisch heikel macht.
Gewiss: Niemand konnte den Abschuss einer Passagiermaschine über der Ostukraine vorausahnen. Aber gerade dieser Fall zeigt: Nur wer schnell urteilt, urteilt gut. Vor Beginn des Ukraine-Krieges wäre dieser Spruch jedenfalls viel unbefangener gesehen worden.