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Mitterlehner: spät, aber doch – oder: zu spät, zu halbherzig?

Mitterlehner: spät, aber doch – oder: zu spät, zu halbherzig?

Der ÖVP-Chef scheint aufgewacht. Hat er endlich begriffen, dass eine sozialdemokratische, eine linke ÖVP keine Zukunftschancen hat? Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt – seit dem er fast immer nur Schwachsinnigkeiten a la „moderner werden“ gefaselt hat – gibt es jetzt seit ein paar Tagen erstmals ein paar Wortmeldungen von ihm, welche die vertriebenen Konservativen und Wirtschaftsliberalen wenigstens aufmerken lassen.

Es ist immer erfreulich, wenn jemand klüger wird. Ein wenn auch intelligenter Mann, der Zeit seines Lebens de facto nur Interessenlobbyist der Wirtschaftskammer gewesen ist, braucht halt seine Zeit, bis er erkannt hat, dass es in der Staatspolitik um viel Wichtigeres geht als um irgendeine neue Subvention für irgendeine Wirtschaftsbranche (wenn man überhaupt in Subventionen etwas Sinnvolles zu sehen vermag).

Nur: Der Zeitpunkt ist zu verräterisch, als dass man an eine echte Rückbesinnung der ÖVP auf die liberalkonservativen Wähler glauben könnte, die ja 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen: Nach den Debakeln bei drei Landtagswahlen versucht der ÖVP-Chef offensichtlich im allerletzten Augenblick noch zu retten, was zu retten ist, bevor der Partei bei der Wiener Gemeinderatswahl die überhaupt größte Demütigung ihrer Geschichte passieren wird.

Aber Liberalkonservative sind nicht so dumm, um das nicht zu durchschauen. Sie sind misstrauisch. Sie würden sich zwar freuen, wenn sich die Volkspartei wieder ihrer entsönne. Aber sie sind absolut nicht bereit, beim ersten Pfiff wieder zur ÖVP zurückzukehren, nachdem sie in ihrer Verzweiflung zu FPÖ, Stronach und manche sogar Neos gewechselt sind. Die ÖVP müsste sie jetzt erst eine längere Zeit zu überzeugen versuchen, dass die Partei doch keine eigenpositionslose Befehlsempfängerin von Sozialdemokraten und intellektuell minderbemittelten (und noch dazu bestochenen) Mainstreammedien ist.

Alles falsch, was falsch zu machen war

Liberalkonservative glauben an den Schwenk der ÖVP zu Vernunft und ihren Werten vor allem deshalb nicht, weil die Mitterlehner-Partei im letzten Jahr alles falsch gemacht hat, was nur falsch zu machen ist.

  1. Sie hat einem absurden Steuerpaket der Gewerkschaft zugestimmt, das ohne jede echte Gegenfinanzierung fast ganz zu Lasten von Familien, Gewerbetreibenden und wirtschaftlicher Vernunft geht.
  2. Sie hat dem sozialdemokratischen Ideologiemuseum „Haus der Geschichte“ zugestimmt.
  3. Sie hat keinerlei Erfolg erzielt, die SPÖ wenigstens zu minimalen Korrekturen am exzedierenden Wohlfahrtssystem bewegen – weder bei der Arbeitslosigkeitsfalle Mindestsicherung noch bei der Budget-Zeitbombe Pensionsantrittsalter.
  4. Sie hat ein Strafrechtspaket beschlossen, das die Meinungsfreiheit in die Metternich-Zeit zurückstößt.
  5. Sie bastelt jetzt im Justizministerium gleich weiter an einer weiteren massiven Erleichterung der Strafen für schwere Gewalttäter, sofern diese noch jünger sind.
  6. Die ÖVP ist mitschuld am Voranschreiten von Gender- und Quoten-Unsinnigkeiten.
  7. Sie hat der Zerschlagung und Re-Parteipolitisierung der ÖIAG zugestimmt, die seit der schwarz-blauen Zeit in den Händen von politisch ungebundenen Industrie-Experten gewesen ist.
  8. Sie hat monatelang bei der zerstörerischen Alle-angeblichen-oder-wirklichen-Flüchtlinge-nur-hereinspaziert-Politik der Linken mitgemacht.
  9. Sie hat einem Verfassungsgesetz zugestimmt, das den (großteils VP-nahen!) Gemeinden auch gegen deren Willen Asylwerber aufzwingt.
  10.  Sie hat dem in den Abgrund führenden Kurs Angela Merkels zugejubelt und den des – vom Großteil der VP-Wähler bejubelten – Viktor Orban verdammt.
  11. Sie hat seit vielen Jahren keine einzige Reform im Sinne der früheren ÖVP-Werte durchgebracht oder auch nur ernsthaft verfochten. Familie, Heimat, Freiheit, Leistungsorientierung, Deregulierung, Privatisierung - nichts davon findet sich auch nur im Entferntesten in der Regierungsarbeit. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die letzten drei Punkte heute überhaupt heimatlos geworden sind (während für die ersten drei derzeit weit mehr die FPÖ als die ÖVP steht).

Wer soll da angesichts dieser Bilanz an einen echten Kurswechsel Mitterlehners wenige Tage vor einer wichtigen Wahl glauben? einen solchen Wechsel muss er, muss die Partei viel glaubwürdiger und konstanter beweisen. Dazu sind inzwischen viel zu viel Verärgerungen der Liberalkonservativen passiert, sind viel zu viele Fragen offen:

Warum hat er erst nach den Oberösterreich-Wahlen erkannt, dass er, wie er es jetzt formuliert, nicht mehr als „untätiger Passagier auf einem schicksalshaften Weg“ erscheinen will?

Wo hat sich Mitterlehner als Vizekanzler für sein jetzt propagiertes (gutes) Prinzip energisch exponiert, dass „vor dem Verteilen wieder die Leistung kommen“ müsse?

Wo hat er sich in seinen Funktionen wenigstens energisch gegen Maßnahmen ausgesprochen, die dafür gesorgt haben, dass heute eben nicht mehr Leistung vor dem Verteilen steht?

Warum ist fast jeder überzeugt, dass die ÖVP auch beim offenbar bevorstehenden Bildungspaket umfallen wird, und dass dieses anstelle einer stärkeren Leistungsorientierung eine weitere Nivellierung nach unten Richtung Gesamtschule bringen wird?

Warum wird erst seit wenigen Tagen – noch dazu sehr diffus – von einem bloßen Asyl auf Zeit gesprochen, von dem sich die ÖVP jetzt eine gewisse (ohnedies sehr fragliche) Einschränkung des Asyl-Shoppings erhofft?

Warum schwenkt Mitterlehner rund um die Völkerwanderung erst dann auf einen Kurs der Vernunft ein, als auch schon etliche Mainstream-Medien von der Gefühlstrunkenheit in den Katzenjammer der Realität überzuwechseln beginnen?

Warum droht er zwar mit einem Ende der Koalition, die er bisher ja total „populistisch“ (Copyright Michael Spindelegger) als Kuschelkoalition betrieben hat, verbindet das aber mit so nebulosen Forderungen wie „Bürokratieabbau“ und „Profilschärfung“ in der Asyllinie, dass jedermann spürt, das ist nicht wirklich ernst gemeint (weshalb sich ja auch die SPÖ keine Sekunde lang schreckt)?

Warum ist die ÖVP zwar irgendwie und mit vollem Recht skeptisch und besorgt über die riesigen Menschenmassen, die unter dem Titel „Familienzusammenführung“ noch kommen werden, sagt aber nicht klipp und klar: Wenn die Koalition auch nur bei einem einzigen der im Land befindlichen „Flüchtlinge“ noch eine „Familienzusammenführung“ erlaubt, dann gehen wir lieber – und zwar aufrechten Hauptes – in Neuwahlen?

Denn wenn sich Rotgrün und ihre linkselitistischen Fußtruppen in Medien und Justiz mit der Fortsetzung auch der Familienzusammenführung durchsetzen sollten, dann wird dadurch binnen weniger Monate das Vier- bis Sechsfache jener asiatisch/afrikanischen Immigranten nach Österreich hereingeholt, die allein heuer gekommen sind. Das macht daher die Familiennachzugs-Frage ohnedies schon zur allerletzten Verteidigungslinie dieser Republik.

Es kann nicht ohne Gewalt gehen

Und der allerhärteste Vorwurf an Mitterlehner: Warum desavouiert er auch in den allerletzten Stunden noch trotz seiner „Profilschärfungs“-Ankündigung seine Parteikollegen, die nachzudenken versuchen, ob nicht Grenzzäune die letzte Rettung sein müssen? Warum desavouiert er die Innenministerin, die aus sehr guter Sachkenntnis heraus sagt, dass es wohl nur noch mit Gewalt gelingen kann, die Fünf- bis Zehntausend Menschen zu stoppen, die täglich(!) unkontrolliert und ungehindert in Österreich einmarschieren? Warum sagt er da sofort: Es werde „mit Sicherheit“ auch weiterhin keinen Einsatz von „Gewalt“ geben?

Weiß er eigentlich, was er da sagt?

  • Weiß er nicht, dass Schutz von Bürgern und Staat überhaupt die oberste Aufgabe einer Regierung ist, die auch über den Menschenrechten der übrigen Weltbürger steht, wobei diese Aufgabe eigentlich noch viel wichtiger geworden wäre, seit linke (oder romantische) Richter diese Menschenrechte weit über ihre ursprüngliche Bedeutung hinaus maximalistisch interpretiert und angewendet haben?
  • Glaubt er ernsthaft, dass man hunderttausende, ja letztlich viele Millionen zum – notfalls auch gewaltsamen (wenngleich unbewaffneten) – Einmarsch nach Europa entschlossene Asiaten und Afrikaner mit netten Worten, Ministerrats-Foyers und papierenen Gesetzen abhalten kann?
  • Weiß er nicht, dass er mit dieser Aussage hunderttausende Österreicher verhöhnt, die gelobt haben – geloben mussten! –, dieses Land „mit der Waffe“ in der Hand zu verteidigen, was ja wohl sogar über Tränengas und Wasserwerfer hinausgehende Gewalt einschließt?
  • Hat er vergessen, dass sich erst vorletztes Jahr seine Partei und eine Mehrheit der Österreicher für die militärische Landesverteidigung mit Wehrpflicht ausgesprochen haben?
  • Weiß er nicht, dass mit dieser Haltung des absoluten Gewaltverzichts Österreich nicht nur lang-, sondern auch mittelfristig aufgeben wird?
  • Weiß er nicht, dass er sich damit erneut zum Hauptschuldigen an der auch bei der nächsten Wahl bevorstehenden Niederlage seiner Partei macht?
  • Weiß er nicht, dass er dadurch mitverantwortlich für die Eskalation der Unsicherheit in diesem Land ist, wenn er „mit Sicherheit“ diese Kapitulation des Staates gegenüber Rechtsbrechern verlangt?
  • Hat Mitterlehner eine Sekunde bedacht, dass die Exekutive ständig hundertfach Gewalt anwendet, um Ein- und andere Rechtsbrecher zu verhaften, selbst wenn diese nicht Gewalt anwenden?
  • Oder glaubt er, dass man diese Rechtsbrecher künftig nur noch mit guten Worten überzeugen sollte, das lieber doch nicht mehr zu tun?
  • Will er ernsthaft die Verantwortung einer Regierung für den Staat und seine Bevölkerung ersetzen durch die verblasene Weltsicht des Pfarrers von Helfenberg und einiger Bischöfe (die ja auch die große Mehrheit der Christen entsetzt)?
  • Oder redet er solchen Unsinn nur aus selbstmörderischer Sozialpartner-Loyalität der SPÖ gegenüber, der in Wahrheit in ihrem 1.-Mai-Gewäsch von der „in-ter-natio-na-len Soli-da-ri-tät“ mit Österreich noch nie viel am Hut gehabt hat, während die ÖVP einst eigentlich „die“ Österreich-Partei gewesen ist?
  • Oder ist ihm das Gejohle der bestochenen Mainstream-Medien wichtiger als seine Wähler und auch als seine von Tag zu Tag mutiger werdende Innenministerin?
  • Hat er nicht selbst – wenigstens einmal – gesagt, dass man abgewiesene Asylwerber mit Gewalt in „Hot Spots“ an der EU-Außengrenze bringen soll?
  • Warum wirft er Ungarn öffentlich die Bereitschaft zum Waffengebrauch vor, ohne korrekt dazuzusagen, dass es in Ungarn eindeutig um nicht letalen Waffeneinsatz geht?
  • Warum macht er durch solche unbedachte Äußerungen alle eigentlich erfreulichen Bemühungen seiner Partei – und auch von ihm selbst – wieder zunichte, sich jetzt endlich ernsthafter mit der Bedrohung Österreichs auseinanderzusetzen?

Liberalkonservative werden daher mit Sicherheit trotz Mitterlehners spätem Salto ganz massiv diesmal FPÖ wählen. Auch wenn sie wissen und sich ärgern, dass diese heute in allen Feldern der Wirtschafts- und Sozialpolitik leider ganz weit links steht (sogar links vom ÖAAB und der Tiroler ÖVP). Aber derzeit geht es eben um Wichtigeres als um die Wirtschaft: Es geht um das Überleben Österreichs.

PS: Ich habe in meinem Journalistenleben als Beobachter von Demonstrationen sowohl Tränengas- wie Wasserwerfer-Einsätze erlebt. Beides ist extrem unangenehm und man läuft bei beidem sofort davon (was ja auch der Zweck des Einsatzes war). Aber das ist nichts, was in aller Regel über ein paar Stunden lang tränende Schleimhäute hinaus Verletzungen oder Traumatisierungen zufügt. Was daher auch von einem sehr humanen Standpunkt aus nicht so schlimm ist wie eine Gefährdung der österreichischen Sicherheit.