Deutschland löst sich auf – und Österreich?
Epochale Fehlentwicklungen beim großen Nachbarn, die lange scheinbar recht folgenlos geblieben waren, haben nun einen kaum mehr beherrschbaren Sog nach unten ausgelöst. Diese Kraft wird noch lange toben, egal welche Regierung im kommenden Jahr an der Macht sein wird (sicher nicht dieselbe). Die Sanierung eines kaputt gemachten Landes geht nämlich nicht von heute auf morgen. Und diesem Sog kann sich auch die österreichische Industrie nicht entziehen.
Die Ursachen der Krise sind klar. Eine davon sind die durch die Klimapolitik und das Atomkraft-Ende überhöhten Energiekosten. Zweite Ursache ist die ständig anwachsende Pflicht zu dicken Berichten, wo Unternehmen irgendetwas dokumentieren müssen, von den Lieferketten für alle Vorprodukte bis zur Gleichbehandlung sexueller Minderheiten. Die dritte ist die Zerstörung der eigenen Schlüsselindustrie durch den Zwang Richtung E-Autos. Und die vierte Ursache sind die maßlos überhöhten Gehälter.
Das kann man alles jetzt gleichsam unter dem Vergrößerungsglas sehen, seit VW, das Flaggschiff Deutschlands, in Seenot ist. Das wirklich Erschütternde: Keine dieser kumulativ tödlichen Ursachen lässt sich leicht oder gar von heute auf morgen beseitigen. Das ginge nur durch einen nationalen Kraftaufschwung, dem gegenüber sogar die vor zwanzig Jahren das Land erschütternde "Agenda 2010" eine leichte Übung gewesen ist. Man denke an die Gewerkschaft, die jetzt(!) 7 Prozent Lohnerhöhung verlangt, obwohl VW mindestens drei Standorte schließen muss, auf 500.000 überteuerten Fahrzeugen sitzt, und der Durchschnittslohn am Fließband deutlich über 4000 Euro (13,5 Mal plus Prämien) liegt.
Der Vorstand ist noch nicht erfunden, der in diesem Rahmen VW in eine gute Zukunft führen kann.
Die Österreicher schauen fußfrei zu und feixen über die deutschen Fehler – bis sie erkennen, dass sie von der deutschen Wirtschaft schwer abhängig sind, und dass in ihrem Land recht ähnliche Bedingungen herrschen.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".