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Das Pflichtenheft für die neue Außenministerin

Das Pflichtenheft für die neue Außenministerin

Erstmals seit fast 40 Jahren steht an der Spitze des österreichischen Außenministeriums nicht ein Exponent der Volkspartei. Das lässt die in Wien akkreditierten Botschafter von der ersten Stunde an genau beobachten, was sich da jetzt ändert, welche Außenpolitik Beate Meinl-Reisinger zu machen versucht, wie weit sie sich insbesondere von ihrem Vorgänger unterscheidet. Meinl-Reisingers Agieren führte bisher in der Summe zu einer positiven Bilanz. Die Frau machte eine recht gute Figur und tritt souverän auf. Sie lässt aber bisher noch jedes Anzeichen vermissen, dass sie auch zu neuen Akzenten oder gar visionären Initiativen bereit wäre, die sie zu einer relevanten, einer großen Ministerin machen würden. Schließlich haben es auch von ihren Vorgängern in den letzten 80 Jahren letztlich nur drei Männer geschafft, in die ganz großen Schuhe eines Staatsmannes zu passen.

Das waren Leopold Figl, Bruno Kreisky und Alois Mock. Schon bei Sebastian Kurz ist das nur noch mit Einschränkungen zu attestieren. Alle anderen Minister waren lediglich Amtsverwalter, Epigonen großer Vorgänger oder bloße Diplomaten im Geiste ohne jede Eigeninitiative.

Zweifellos muss man froh sein, wenn eine Jungministerin vom ersten Tag an ein professionelles und selbstsicheres Auftreten schafft, und wenn sie nicht Unsinnigkeiten von sich gibt wie etwa ihre deutsche Kollegin Baerbock, die sich mit ihrem großen Mundwerk gleich vom ersten Tag an mit einer "feministischen Außenpolitik" lächerlich gemacht hatte. Sehr positiv ist aber auch, dass Meinl-Reisinger ihren ersten Reiseakzent demonstrativ Richtung Ukraine gesetzt hat.

Sie hat das Glück, ein hochprofessionelles Ministerium zur Seite zu haben, was keineswegs allen Ministern beschert ist. Das hat freilich andererseits den Nachteil, dass qualitativ hochwertige Beamtentruppen automatisch zu einer Fortsetzung ihrer bisherigen Politik neigen, etwa bei der in die Sackgasse geratenen Bosnien-Politik. Das zwingt einen Minister zu etlichem Kraftaufwand, wenn er da die Richtung ändern will.

Eine solche Änderung wäre in etlichen internationalen Fragen aber durchaus notwendig, gut für Österreichs Interessen und hilfreich für Meinl-Reisinger, um ein eigenständiges Profil zu erwerben, um in die Reihe der Staatsmänner aufsteigen zu können. Es wäre dabei fatal, wenn sie sich zu sehr durch ihre Rolle als Parteichefin von der Außenpolitik ablenken ließe, oder wenn sie den Job im Palais Niederösterreich nur als Möglichkeit wahrnehmen sollte, mit möglichst attraktiven internationalen Partnern auf Pressefotos aufzuscheinen.

Wirklich ernsthafte Akzente und Anstrengungen sollte sie insbesondere in folgenden sechs Politikfeldern unternehmen:

  1. Auch wenn Österreich in der Ukraine keine sehr große Rolle spielt, sollte es aber jedenfalls ständig klar machen, dass es ganz eindeutig auf der Seite des angegriffenen Landes steht. Hier geht es primär "nur" um die Fortsetzung und Verstärkung der schon von der Vorgängerregierung gesetzten Akzente.
  2. Sie sollte das wieder aufgreifen, was vor einem Vierteljahrhundert sehr dominant gewesen ist, dann aber aus Populismus schubladisiert worden ist: Das Außenministerium müsste mit seiner Autorität ganz stark die Notwendigkeit herausarbeiten, die völlig aus der Zeit gefallene Neutralität endlich formell zu beenden.
    • Weil diese durch den EU-Beitritt weitgehend ausgehöhlt worden ist,
    • weil das Beispiel Finnlands und Schwedens, die beide die Neutralität aufgegeben haben und gleich auch der Nato beigetreten sind, angesichts der geänderten Sicherheitslage ein geradezu zwingendes ist,
    • weil bis auf Andreas Babler und den im Kalten Krieg steckengebliebenen Heinz Fischer auch in der SPÖ viele diesbezüglich umzudenken begonnen haben,
    • weil es unmoralisch ist zu sagen, die (wirtschaftlich viel ärmeren!) Slowaken, Ungarn, Slowenen, Kroaten sollen uns verteidigen, ohne dass Österreich da die Lasten mitträgt,
    • weil – siehe Skyshield, siehe satellitengestützte Systeme – die Entwicklung der modernen Verteidigungsstrategien völlig neue, gemeinsame Techniken und Waffen erfordert, die Österreich nicht im Alleingang entwickeln und aufbauen kann.
  3. Besonders schwer wird es fallen, auch in die österreichische Balkanpolitik wieder Logik hineinzubringen und das Werk von Alois Mock gleichsam komplementär abzuschließen: Dieser ist durch seinen anfangs sehr einsamen Einsatz für die Freiheit, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit der Slowenen und Kroaten zur großen historischen Figur geworden, dem dort später dafür viele Denkmäler errichtet werden sollten. Mit absolut der gleichen Logik und friedenspolitischen Moral sollte, nein müsste sich Österreich jetzt aber auch für die Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Serben in den von ihnen bewohnten Gebieten im Kosovo und in Bosnien einsetzen. In einem weiteren Gegenzug ist aber auch den albanisch bewohnten Dörfern in serbischem Gebiet das Gleiche zuzugestehen. Gewiss wird das einigen EU-Mitgliedsländern wie Spanien, Italien, Rumänien und Slowakei nicht recht sein, die in ihren Staaten gleichfalls Regionen mit Sezessionswünschen das Selbstbestimmungsrecht verweigern. Gewiss ist das rüpelhafte Benehmen der dortigen Serbenführer abstoßend. Das darf Österreich aber nicht daran hindern, ständig das zu sagen, was friedenspolitisch notwendig und was moralisch richtig ist. (Diesbezügliche Kritik ist ja nicht immer nur an Russland zu richten!).
  4. Dringende Aufgabe einer zukunftsbedachten Außenpolitik müsste auch die Wiederherstellung guter Beziehungen zum Nachbarn Ungarn sein (natürlich, ohne die ohnedies schon guten Beziehungen zu den anderen Nachbarn zu vernachlässigen). Meinl-Reisinger müsste klarmachen, dass sich gerade Österreich mit seiner gemeinsamen Vergangenheit nicht als Vormund in die inneren Angelegenheiten Ungarns einmischen würde. Wieder gute Beziehungen zu Ungarn sind für Österreich tausend Mal wichtiger als irgendwelche Schulterklopfer von LGBTQ-Menschen.
  5. Besonders viele Aufgaben warten in der EU auf Meinl Reisinger:
    • Österreich sollte sich energisch an die Seite jener stellen, die gerade angesichts der erratischen Politik Donald Trumps raschest Handelsabkommen mit dem Rest der Welt abschließen wollen, wie etwa das schon länger auf dem Tisch liegende Mercosur-Abkommen (nur als Lehrbeispiel: Großbritannien hat soeben mit Indien ein umfassendes Freihandelsabkommen abgeschlossen, was ebenfalls als rasche Reaktion auf Trump anzusehen ist!).
    • Meinl-Reisinger sollte sich der EU viel stärker als ihre Vorgänger dafür einsetzen, dass die skandalöse Reservierung eines Viertels der Medizin-Ausbildungsplätze für EU-Ausländer abgeschafft wird und Österreich das von österreichischen Steuerzahlern finanzierte Gratisstudium wieder hauptsächlich für Österreicher nutzen kann. Der gegenwärtige Zustand ist nicht nur eine immense und teure Belastung für das Bildungssystem (das den Neos doch so sehr am Herzen liegt), sondern ist auch eine Hauptursache des österreichischen Ärztemangels.

6. Last but not least muss sich Meinl innerhalb und außerhalb der EU für Lösungen des größten österreichischen und europäischen Problems, also der Migrations- und Islamisierungskatastrophe, ganz stark einbringen:

    • Dringend notwendig wäre Meinls voller Einsatz für die Änderung der Menschenrechtskonvention, um die von Richtern daraus abgeleiteten Ansprüche auf Familienzusammenführung zu beenden (auch wenn diese Konvention nicht direkt Teil der EU ist, so kann eine Novellierung zweifellos nur über eine EU-Initiative Erfolg haben);
    • Ebenso dringend wäre eine Änderung jener europäischen Rechtsquellen, mit denen Richter die Abschiebung von illegalen Migranten in Schutzzentren in Albanien oder Ruanda verhindert haben;
    • Und schließlich müsste es auch um massive Aktionen der EU gegen jene Länder gehen, die ihre illegal nach Europa gekommenen Bürger nicht zurücknehmen (auf die man etwa durch Stopp von Visa-Erteilungen und Handelserleichterungen Druck ausüben könnte).

Gewiss, all das wird nur mit voller Unterstützung des Regierungschefs und seiner beigeordneten Ministerin Plakolm gehen, die ja auf anderen Ebenen Österreich in der EU vertreten. Aber nachdem auch Christian Stocker nicht gerade ein gelernter Außenpolitiker ist, ist doch anzunehmen, dass er erfreut ist, wenn da neue Dynamik entsteht, wenn die Außenpolitik wieder dem langweiligen und unproduktiven Glasperlenspiel von Diplomaten entzogen wird und zu einem Eckstein dieser Regierung gemacht werden kann.

Und die SPÖ als dritter Koalitionspartner müsste sogar besonders dringend an massiven politischen Einsätzen interessiert sein, die der FPÖ bis zur nächsten Wahl den politischen Boden unter den Füßen wegziehen.