
Die feministische Kirchenspaltung
Da mag der neue Papst noch so sehr um Frieden beten, Dialog und Versöhnung anempfehlen, Brücken bauen wollen: Dessen ungeachtet fliegen in der österreichischen Kirche derzeit die Fetzen. Und die führungsschwachen Bischöfe des Landes scheinen außerstande, den Frieden herzustellen. Besonders hervorgetan haben sich dabei zuletzt zwei linksradikale Theologieprofessorinnen, die aus allen Kanonen gegen die Habilitierung eines konservativen Theologen schießen.
Die Hochschullehrerinnen Sigrid Rettenbacher (Linz) und Angelika Walser (Salzburg) beziehen sich in ihren Attacken ausgerechnet auf ein Pamphlet des von den Wiener Rathaussozialisten finanzierten "Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands", das sich seit Jahren fast nur mit der Agitation gegen alles in Österreich befasst, was nicht links steht. Dieses DÖW bezeichnet jetzt allen Ernstes konservative Katholiken nicht nur als rechtskatholisch, sondern stellt sie auch gleich als rechtsextrem hin, als ob (ausgerechnet) sie einen neuen Hitler haben wollten.
Worum geht es da in Wahrheit?
- Inhaltlich geht es um die Dominanz des linken Kirchenflügels in den staatlichen Theologie-Fakultäten, die sich durch den großen Zulauf an Priesterstudenten zu Heiligenkreuz und Trumau bedroht fühlen, wo ein klar traditionelles Kirchenbild vermittelt wird, während sonst ja der Priesternachwuchs spärlich ist.
- Zweitens werfen die feministischen Theologinnen rechten "Netzwerken" vor, die "angeblich notwendige Abwendung der Bedrohung des christlichen Abendlandes durch den Islam" auf der Agenda zu haben. Oberflächlich ist es ja fast köstlich, dass ausgerechnet Feministinnen im Islam und seinem brutalen und demütigenden Umgang mit Frauen keine Bedrohung erkennen wollen. Aber in Wahrheit ist es nur traurig.
- Und drittens geht es ganz stark um das Familienbild, wo Waldsteins traditionelle Auffassungen, die sich aber auch mit allen bisherigen Päpsten decken und die nach allem, was man weiß, auch von Leo XIV. geteilt werden, unter Beschuss kommen. Die beiden Damen setzen sich dem gegenüber für die "Rechte der LGBTQIA*" ein: Mit dieser – immer länger werdenden – Bezeichnung wird die Schwulen- und Transgender-Sexualität in all ihren offenbar stets neuen Formen und Abarten zusammengefasst. In Trumau hat hingegen unter der Schirmherrschaft Schönborns soeben ein Kongress zur Abwehr der "Gender-Ideologie" stattgefunden.
Die DÖW-Polemik, auf die sich auch die beiden Theologinnen berufen, wirft den sogenannten Rechtskatholiken unter anderem die "Ablehnung der Abtreibung" vor – dabei ist das eine Einstellung, die wirklich von allen Päpsten, Bischöfen und fast allen Katholiken geteilt wird. Ebenso wird ihnen vorgehalten, gegen "Feminismus, Homo- und Transsexuellenrechte" und für "heteronormative Familienverhältnisse, traditionelle Geschlechterrollen und eine rigide Sexualmoral" zu sein. Das alles steht wohlgemerkt in einem "Rechtextremismusbericht", den der zuständige Innenminister den linksradikalen DÖWlern irrerweise nicht sofort vor die Füße geschmissen hat. Denn damit ist praktisch die gesamte katholische Lehre als "rechtsextrem" denunziert.
Neben dem DÖW berufen sich die beiden Waldstein-Gegnerinnen auch auf Attacken in der "Furche" und im "Falter" gegen den Theologen. Das hat wieder den Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät in Innsbruck – aus Feigheit oder innerer Verbundenheit mit den Radikalfeministinnen? – dazu veranlasst, Waldstein aufzurufen, auf seine Habilitierung zu verzichten. Als erstaunlichen Hauptgrund für seinen Aufruf nennt der Dekan "Medienberichte", die Waldstein in die Nähe von rechtskonservativen und reaktionären Netzwerken rücken würden. Wir lernen: Dem linksradikalen "Falter" gelingt es, zusammen mit der ähnlich denkenden "Furche", einen katholischen Theologen abzuschießen. Die Selbstzerstörung der österreichischen Kirche scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein …
Waldstein, so der empörte Dekan weiter, habe sich – wie bekanntlich viele in der Kirche – früher auch für die Todesstrafe ausgesprochen (wovon sich der Theologe freilich inzwischen ausdrücklich distanziert). Überdies stünde Waldstein im "Widerspruch zum Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils".
Geradezu amüsant ist, dass Waldstein von den beiden Kampftheologinnen sogar vorgeworfen wird, Einfluss auf den amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance zu haben, und dass dieser mit dem "Austrofaschismus" liebäugle (das ist die linksradikale Bezeichnung für den sich auf päpstliche Enzykliken berufenden Ständestaat von 1934 bis 1938, der Österreich mit autoritären Methoden gegen die doppelte Bedrohung durch die Aggressionspläne Hitlers und durch den sozialdemokratischen Ruf nach einer "Diktatur des Proletariats" – die wenige Jahre davor von den Bolschewiken für Russland ausgerufen worden ist – zu verteidigen versucht hatte).
Die beiden Theologinnen begründen ihre Attacken auf Waldstein mit anonymen Mails, in denen sie auf das Jüngste Gericht hingewiesen worden seien, und mit Anrufen von Lebensschützern, in denen sie zu einem Gespräch aufgefordert worden seien, weil sie sich mehrfach positiv zu sogenannten "reproduktiven Rechten" geäußert haben (womit das Recht auf Abtreibung gemeint ist). Was auch immer Waldstein mit solchen Anrufen zu tun hat ...
Überdies werfen sie dem letzten Papst und vielen Bischöfen ein "Festhalten am Frauenbild des 19. Jahrhunderts" und "selbstverordnete starre Normen" vor. Überdies verlangen sie von den österreichischen Bischöfen einen "synodalen Weg", wie es ihn in Deutschland gegeben hat – der freilich, was sie nicht erwähnen, von Rom scharf kritisiert worden ist. Angelika Walser wirft der Kirche insbesondere vor, den Fokus allein auf das Lebensrecht des Embryos zu legen; sie fordert stattdessen einen "alternativen Zugang der katholischen Kirche zum Lebensschutz, der Frauen endlich in ihrer umfassenden sexuellen Selbstverantwortung wahrnimmt". Das kann nur als deutlicher Appell zur Freigabe von Abtreibungen durch die Kirche interpretiert werden.
Als Höhepunkt drohen die beiden Theologinnen kaum verhüllt mit einer Abspaltung, denn "die Lösungen kommen offensichtlich nicht aus Rom". Wörtlich: "Kreativ-ungehorsames und eigenverantwortliches Handeln in der Kirche vor Ort ist gefragt, unter Berufung auf das eigene Gewissen und mit dem Mut der Verzweiflung". Und schließlich noch deutlicher: "Wer könnte junge Katholikinnen ernsthaft daran hindern, den Schritt in die Selbständigkeit einer Diakonin oder Priesterin zu wagen?"
Damit haben sie freilich recht. Niemand kann die beiden Damen hindern, sich irgendwo als Priesterin welcher Kirche immer (vielleicht jener mit dem Nudelsieb?) zu etablieren – und zu hoffen, dass sie auch eine Gemeinde dafür finden, die sie finanziert. Reisende soll man nicht aufhalten. Bleibt nur die Frage offen, warum sie dann vor ihrer Abreise noch mit allen Mitteln zu verhindern versuchen, dass wieder einmal auch ein Konservativer als katholischer Theologieprofessor habilitiert wird. Ziemlich widersprüchlich …
Ob der peruanisch-amerikanische Papst imstande sein wird, so viel Hass zwischen den Kirchenflügeln zu heilen? Man darf zweifeln. Die österreichische Bischofskonferenz wird das jedenfalls mit Sicherheit nicht schaffen.