Warning: Illegal string offset 'portraitimage' in /var/www/lweb50/htdocs/science-blog.at/conf.php on line 67
Es den Deutschen nachmachen

Es den Deutschen nachmachen

Österreich und Deutschland haben jetzt fast die gleiche Koalitionsformel. In beiden Ländern haben die Regierungen auch fast gleichzeitig zu arbeiten begonnen. Und da wie dort sind sie von der gleichen Angst vor dem Aufstieg einer rechtspopulistischen Partei geprägt und dadurch verunsichert, aber auch zusammengeschweißt. Dennoch gibt es dramatische Unterschiede: War vor 20 Jahren noch Österreich ein beim größeren Nachbarn gepriesenes Beispiel, wie man ein Land richtig regiert, so müsste es heute zumindest in einem Punkt umgekehrt sein.

Das gilt für das weitaus größte österreichische Budgetproblem: für den immer größer gewordenen Zuschuss, den der Finanzminister dem maroden Pensionssystem (auf Schulden) leisten muss. Wäre dieser Zuschuss nicht notwendig, dann könnte die Regierung absolut jede gute Idee der drei Parteien erfüllen, und auch noch einige der weniger guten. Dennoch tut Österreich auf diesem Gebiet fast gar nichts. Denn die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten verärgert diese nur, bringt aber so gut wie gar nichts. Und auch die schrittweise Erhöhung des Antrittsalters für eine Frühpension (Korridorpension) von 62 auf 63 bringt wenig: Sie wird 2029(!) den jetzt schon 25 Milliarden (beziehungsweise mehr als 6 Prozent des Wirtschaftsprodukts) ausmachenden Zuschuss zum Pensionssystem lediglich um eine Milliarde reduzieren. Wenn überhaupt.

Es führt einfach kein Weg an der Tatsache vorbei: Eine Lösung der drängenden Finanzprobleme kann angesichts der gestiegenen Lebenserwartung, angesichts des Geburtendefizits und angesichts des Arbeitskräftemangels nur eine deutliche Erhöhung des gesetzlichen Antrittsalters bringen. Aber vor dem scheuen fast alle Parteien aus grenzenloser Feigheit vor dem Wähler weiterhin zurück.

Und in Deutschland? Ab 2031 gilt dort ein gesetzliches Antrittsalter von 67 Jahren (für beide Geschlechter)! Und die Pension ist nur mit 48 Prozent des Erwerbseinkommens garantiert – in Österreich hingegen beträgt sie bei 45 Beitragsjahren 80 Prozent. Dabei ist die Lebenserwartung der Deutschen ein paar Monate niedriger.

Es gibt also keinen echten Grund, warum der österreichische Nationalrat weiterhin die wichtigste Notwendigkeit ignoriert, die – wegen der von der Judikatur verlangten Vorlauffrist – besser heute als morgen beschlossen werden müsste. Der wahre Grund ist ein für Österreich recht blamabler: Deutschland hat jetzt – bei aller auch dort notwendiger Kritik in vielen anderen Aspekten – eine Regierung, die erstens mutiger ist und die zweitens die Grundrechnungsarten beherrscht.

In Deutschland ist man neuerdings auch sonst mutiger: Dort werden jetzt alle Limitierungen der täglichen Arbeitszeit aufgehoben – während es in Österreich bei deren Erhöhung von zehn auf zwölf Stunden so massive Proteste gegeben hat, als ob die Sklavenhalterzeit zurückgekommen wäre …

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".