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Zensur statt Sparen

Zensur statt Sparen

Sowohl die Regierung als auch die FPÖ haben in den letzten Tagen im Beobachter einen innigen Wunsch aufkommen lassen: nämlich jenen nach dem Argentinier mit der seltsamen Frisur und der großen Motorsäge. Da wie dort scheint jedes Gefühl verlorengegangen zu sein, wie dringend diese Republik sparen müsste, wie dringend Österreich mehr Freiheit bräuchte.

Die Regierung scheint jetzt nach großem Würgen und Bangen endlich jene 6,4 Milliarden Euro an Einsparungen beisammen zu haben, die man bereits im Jänner nach Brüssel gemeldet hat. Sie klopft sich dafür kräftig auf die Schulter und spricht von der größten Einsparung der Geschichte. Wenn man freilich bedenkt, dass allein im Vorjahr die Verschuldung des Gesamtstaates, die zum allergrößten Teil vom Bund verursacht worden ist (auch wenn die Gemeinde Wien ebenfalls kräftig Geld beim Fenster hinausgeschmissen und sich damit im Rekordtempo verschuldet hat) um fast 23 Milliarden zugenommen hat, dann können die jetzigen Pensionsmaßnahmen niemanden beeindrucken. Dann kann niemand da einen echten Sparwillen erkennen.

Es sind zwar mit dem Klimabonus und der Bildungskarenz jetzt zwei besonders sinnlose Geldverschwendungsaktionen beendet worden. Angesichts der Finanzlage darf das aber nur ein Anfang gewesen sein – aber auch für den hat man schon wieder etliches an Steuererhöhungen gebraucht.

Nur ganz Naive können glauben, dass diese Steuererhöhungen im Energie- und im Bankenbereich nicht frisch wieder die Steuerzahler treffen, sei es, dass sie das an der Energierechnung zu spüren bekommen, sei es, dass sie es als Sparer oder Kreditnehmer merken werden, womit auch wieder das Wachstum gebremst wird.

Geradezu verräterisch ist die Ankündigung der Regierungsparteien, dass es künftig insgesamt nicht mehr Stellen im öffentlichen Dienst geben soll. Das kann ja nur bedeuten, dass im öffentlichen Dienst entweder Einsparungskapazitäten bestehen, dass nicht alle Mitarbeiter voll ausgelastet sind, oder dass es ab jetzt keine Gesetze mehr geben wird, die nach zusätzlichem Personal zu ihrer Umsetzung verlangen. Dabei erfordert praktisch jedes Gesetz zusätzliche Beamtenarbeit. Dabei wird von den Polizisten bis zu den Lehrern bis zum Kindergartenpersonal bis zu den Sozialarbeitern bis zum Bundesheer von der Koalition gleichzeitig an anderen Stellen massive, zum Teil auch wirklich notwendige Vermehrung in Aussicht gestellt.

Man nehme zum Vergleich Argentinien. Dort ist es dem im Vorjahr gewählten Präsidenten Milei mit energischen Maßnahmen geglückt, den nach Jahrzehnten sozialdemokratischer ("peronistischer") Verschwendungspolitik bankrotten Staat, dem niemand mehr Kredit geben wollte, binnen eines Jahres in einen Staat mit einem Überschuss-Budget zu verwandeln. Und zwar genau nach jenen Rezepten, mit denen einst Margaret Thatcher Großbritannien und Ronald Reagan die USA in ebenfalls kritischen Situationen saniert haben.

Jetzt werden manche sagen: Aber Argentinien ist doch ganz etwas anderes als Österreich. Das ist jedoch eine Illusion. Beide Länder spielen in der gleichen Schuldenliga. Denn im Vorjahr betrug die Staatsverschuldung Argentiniens 85 Prozent, die in Österreich 82 Prozent der jeweiligen nationalen Wirtschaftsleistung, des sogenannten BIP.

Allerdings: Im Jahr davor hat sie in Argentinien sogar 155 Prozent betragen. Woran man ablesen kann: Wenn man will, wird vieles möglich. Was aber hat Milei da gemacht, um das Land so rasch so kräftig in die richtige Richtung zu bringen?

Er hat Infrastrukturprojekte eingefroren, Regulierungen massiv abgebaut, Tausende Staatsbedienstete entlassen, staatliche Unternehmen privatisiert, den Kündigungsschutz reduziert, Subventionen für Energie und Verkehr gestrichen (wir erhöhen hingegen das Pendlerpauschale …), zahlreiche staatsnahe Sozialorganisationen zugesperrt, Renten eingefroren (wir erhöhen sie so wie die Beamtengehälter sogar über der Inflationsrate), die Zahlungen für die Unis eingefroren, Sozialausgaben eingefroren: Wobei dieses Einfrieren in Argentinien gewaltige Folgen für die Empfänger hat. Hat das Land doch immer noch 56 Prozent Inflation (nach 292 Prozent im Vorjahr!). Dazu kommt, dass linke Richter und das noch von der Opposition beherrschte Parlament etliche weitere Reformen vorerst verhindert haben.

Dafür hat Argentinien die Unternehmenssteuern reduziert, die Devisenmärkte liberalisiert, was die Wirtschaft des Landes wieder wachsen lässt. Ja, manche Armutsindikatoren sind sogar besser geworden. In der Summe ist Argentinien ein Riesenerfolg, weil die Bürger des einst wirklich reichen und dann jedoch jahrzehntelang statt von Leistung von der Gelddruckmaschine der Notenbank lebenden Landes jetzt wieder auf das Selberarbeiten umsteigen müssen und auch umsteigen.

Ein ähnliches Beispiel ist Griechenland. Monatelang hat seine durch das Aufblähen des sozialistischen Wohlfahrtssystems entstandene Schuldenkrise nicht nur das Land, sondern auch die ganze EU erschüttert, bis Athen endlich zu drastischen Sanierungen gezwungen war. Und die waren in der Tat schmerzhaft: So wurden die griechischen Pensionen halbiert!

Muss es Österreich noch viel schlimmer gehen, bis das Land, seine Parteien und Bürger ebenfalls bereit sind für echte Maßnahmen, die ohnedies vorerst noch nicht so drastisch sein müssten, dass es wirklich weh tut? Höchstwahrscheinlich muss man diese Frage mit Ja beantworten, da eine Regierung mit sozialistischer Beteiligung einfach zu nichts anderem als diesem 6,4-Milliarden-Paket imstande war – und das wohl auch nur deshalb, weil es schon von Blau-Schwarz ausgehandelt und nach Brüssel gemeldet worden war. Woran sich seltsamerweise die FPÖ jetzt nicht mehr erinnern will.

Aber auch sonst macht die FPÖ nicht den Eindruck, als ob sie den Ernst der Stunde verstanden hätte. Legt sie doch gerade den gesamten Staatsapparat mit 827 weitgehend sinnbefreiten parlamentarischen Anfragen fast lahm. Deren Beantwortung kostet – würde man Beamtenstunden in Geld berechnen, wie es die Privatwirtschaft in jeder vergleichbaren Situation tun müsste – viele Millionen. Jedenfalls ein Vielfaches von den Kosten der Dienstautos, die gerade den Boulevard so aufregen (wobei auch hier zweifellos ernsthafte Sparsignale, etwa durch den besonders extravaganten Neos-Staatssekretär Schellhorn, ebenfalls schon aus politpsychologischen Gründen durchaus am Platz wären).

Der Inhalt der Anfragen soll angeblich irgendetwas zur Corona-Pandemie aufdecken. Man fragt sich nur was. Denn dass die in der Geschwindigkeit der Krise beschlossenen Hilfsmaßnahmen für viele Unternehmen deutlich zu üppig waren, ist ja schon lange vom Rechnungshof und Wirtschaftsforschern aufgedeckt und kritisiert worden (dieser Blog war überhaupt eines der ersten Medien, die das "Koste es, was es wolle" der Corona-Hilfen massiv kritisiert hat).

Aber was es jetzt für Sinn haben soll, nach den "Veränderungen der Freizeitaktivitäten der Bevölkerung in Bezug auf Outdoor- und Indoor-Aktivitäten" in den letzten sieben Jahren zu fragen, bleibt wie bei Hunderten anderen Fragen völlig rätselhaft. Ganz abgesehen davon, dass es rätselhaft ist, wo Beamte diese Zahlen finden sollen. Ganz abgesehen davon, dass es rätselhaft ist, was das mit der Verwaltung zu tun hat, die eigentlich einzig Objekt der parlamentarischen Anfragen sein sollte. Ganz abgesehen davon, dass Freizeitaktivitäten im Freien für die Freiheitlichen "outdoor" stattfinden, obwohl gerade die FPÖ auf allen Ebenen einen Kampf gegen die Verwendung der englischen statt der deutschen Sprache führt.

Auch zahllose andere Fragen sind so absurd, dass nicht einmal die FPÖ sie auf ihrer Homepage veröffentlicht, wie etwa die

  • nach "familiären Zerwürfnissen oder Kontaktabbrüchen infolge der Covid-19-Maßnahmen" (wollen die Freiheitlichen wirklich, dass der Staat familiäre Zerwürfnisse überprüft?) oder
  • nach "Schulungen im Umgang mit Videokonferenzen-Tools" (ich gestehe: ich habe an vielen Videokonferenzen teilgenommen, ohne eine einzige Schulung durchgemacht zu haben) oder
  • nach "Müllaufkommen durch Corona-Testkits, Impfverpackungen und Desinfektionsmitteln" (sehen die Freiheitlichen den Bund als zuständig für die Müllabfuhr an?) oder
  • nach den "Zuschauerzahlen bei ORF-Sportübertragungen" (auch da ist der Bund offenbar nach FPÖ-Ansicht zuständig) …

Man kann jetzt schon die Empörung der Freiheitlichen hören, weil ein guter Teil der Fragen am Ende als nicht beantwortbar zurückkommen wird. Daraus wird die FPÖ dann die nächste Corona-Verschwörungstheorie ableiten: "Riesenskandal! Die Regierung hat unglaublich viel rund um die Pandemie zu verschweigen."

Besonders empörend ist aber folgende FPÖ-Anfrage: Die Partei will wissen, welche konkreten Maßnahmen ergriffen worden sind, "um sicherzustellen, dass die Medien objektiv und ausgewogen über die Auswirkungen der Pandemie berichten".

Was bitte soll das den Staat angehen, wie die Medien berichten? Warum um Himmels willen verlangt jetzt ausgerechnet die FPÖ, dass sich der Staat darum kümmern soll, dass die Medien angeblich objektiv berichten? Weiß die FPÖ nicht, dass es den Besitz einer objektiven Wahrheit höchstens beim lieben Gott gibt, dass sie uns dieser aber leider nicht oder fast nie mitteilt, und dass eine Regierung, die "objektive" Medien erzwingen will, dabei zwangsläufig immer die eigenen parteipolitischen Interessen im Auge hat? Will die FPÖ, dass die ihr nahestehenden Medien auch vom Staat zur "Objektivität" gezwungen werden?

Damit stellt sich die FPÖ in eine Marschkolonne mit den Linksparteien, insbesondere, aber nicht nur in Deutschland, die die Medien immer mehr an die Leine zu legen versuchen, die mit immer absurderen Mitteln die Berichterstattung der Medien zensieren wollen, die so tun, als ob der Staat Hüter der Wahrheit wäre und daher die Medien zu einer angeblichen Objektivität zwingen könnte.

Wir sehen, die Partei, die sich freiheitlich nennt, hat genausowenig wie die anderen die Freiheit der Meinung im Sinn, sondern glaubt genauso, dass Medien auf irgendein Kommando zu hören hätten. Halt nur auf das, was sie selbst für "objektiv" hält, und nicht auf das, was die anderen für "objektiv" halten.

Demaskierend und enttäuschend.