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Staatsmänner würden die Probleme des Westens lösen

Staatsmänner würden die Probleme des Westens lösen

Donald Trump ließ sich beim Nato-Gipfel für den präzisen und nach wenigen Stunden wieder beendeten Luftangriff auf den Iran feiern, ebenso für die von allen Nato-Mitgliedern im Prinzip akzeptierte Festlegung auf das vom amerikanischen Präsidenten vorgegebene 5-Prozent-Ausgabenziel für Verteidigung. Aber dennoch scheint in Wahrheit eine Sprengladung an die Nato gelegt, bei der die Zündschnur schon brennt. Dabei geht es nicht um den unbeantwortbaren Disput vor allem der Medien, ob das Atombombenprogramm des Iran nur um Monate oder um viele Jahre zurückgeworfen worden ist; und auch nicht um die durchaus offene Frage, ob der Iran es wirklich riskiert, weiter an der Bombe zu basteln und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit riskieren zu müssen, in absehbarer Zeit wieder Ziel schwerer Bomben zu werden und weitere Köpfe seiner Führungselite zu verlieren. Es geht vielmehr um die Glaubwürdigkeit der Nato-Länder selbst. Dabei hat Trump in der Sache ausnahmsweise einmal völlig Recht – sehr zum Unterschied zu seiner wirtschaftlich für alle Seiten desaströsen Zollpolitik.

Konkret geht es um die Glaubwürdigkeit dieses gigantischen Ausgabenziels, für dessen Annahme Trump im Gegenzug die amerikanischen Sicherheitsgarantien für Europa wieder bekräftigt hat. Aber in Wahrheit glaubt fast niemand, auch wenn es die europäischen Staaten jetzt offiziell beschworen haben, dass sie künftig wirklich 5 Prozent ihres Wirtschaftsprodukts BIP für Verteidigungszwecke ausgeben werden.

Hinter vorgehaltener Hand haben westeuropäische Politiker schon kommentiert: "Völlig unmöglich". Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit wird in Westeuropa jede Regierung abgewählt, würde sie wirklich dieses Ziel realisieren. Sie würde damit entweder eine riesige Schuldenkrise auslösen – oder sie müsste bei den aktuellen Sozialausgaben so viel streichen, dass die Bevölkerung nicht mehr mitgeht. Oder die Wähler wechseln reihenweise zu den Parteien ganz links oder rechts außen.

Denn die behaupten Verführerisches: Mehr Verteidigungsausgaben wären eh nicht nötig,

  • weil Russland doch so lieb wäre,
  • weil ja in Wahrheit die Ukraine selber schuld daran wäre, dass sie angegriffen worden ist,
  • und weil die russischen Drohungen, nach der Ukraine auch in den Ländern rund um die Ostsee offensiv zu werden, nicht ernstzunehmen wären.

Diesen Argumenten steht freilich der unbestreitbare Befehl Putins an seine Armee gegenüber: Diese soll ab 2029 auf einen großen Krieg vorbereitet sein. Offenbar rechnet er damit, bis dahin die Ukraine besiegt zu haben.

Dennoch ist die Mehrheit der Nato-Länder bisher sogar daran gescheitert, das bis vor kurzem noch  geltende 2-Prozent-Ziel für die Verteidigungsausgaben zu erreichen, auch wenn sie in den letzten zwei Jahren angesichts der Angriffspolitik Wladimir Putins die Landesverteidigung reihum wieder etwas ernster genommen haben. Aber am Ende könnte vielen Regierungen das eigene Hemd, also die Wiederwahl der Regierungspartei(en), wichtiger als der Rock sein, also die Verantwortung für die Sicherheit ihres Staates gegenüber einer vielleicht eh nur theoretischen Gefahr.

Damit scheint die Lunte am Bündnis trotz aller Beteuerungen beim jüngsten Nato-Gipfel doch zu glosen. Denn in ein oder zwei Jahren könnte sich herausstellen, dass sich die europäischen Länder nicht wirklich substanziell dem Ziel angenähert haben.

Jedoch: Es gibt gleich fünf Gründe, warum man trotz allen Wissens um die Kurzsichtigkeit und den Populismus von Politikern doch nicht die Hoffnung aufgeben sollte, dass das Bündnis hält:

  1. Trump könnte seine früheren Drohungen, den amerikanischen Atomschutzschirm von den Bündnispartnern abzuziehen, letztlich doch wieder vergessen, weil umgekehrt auch die Amerikaner ein Riesenproblem hätten, würde Europa unter russische Vorherrschaft geraten.
  2. Den Deutschen ist es immerhin gelungen durchzusetzen, dass auch alle militärischen Hilfslieferungen für die Ukraine in das neue Ziel einzuberechnen sind. Damit ist es nicht ganz so unerreichbar. Eine solche Einberechnung ist auch durchaus logisch: Denn je erfolgreicher die Ukraine kämpft, umso geringer ist die Gefahr, dass sich Russland neuen Zielen zuwendet.
  3. Eineinhalb Prozent des Fünfprozentziels könnten gemäß den nunmehrigen Nato-Vereinbarungen auch dadurch erreicht werden, dass die europäischen Mitgliedsstaaten die Infrastruktur strategisch verbessern, also vor allem Brücken, Straßen und Eisenbahnlinien renoviert und besser ausbauen. Genau das aber ist sowieso in vielen Ländern notwendig und zum Teil auch schon in Angriff genommen worden, vor allem in Deutschland, dem wichtigsten Nato-Land auf dem alten Kontinent.
  4. Die Europäer müssten insbesondere begreifen, dass sie noch viel mehr für ihre Verteidigung  ausgeben müssten, als Trump jetzt verlangt, wenn sie diese Verteidigung allein organisieren müssten – zumindest wenn sie eine glaubwürdige Abschreckung des unberechenbaren Mannes in Moskau auf die Beine stellen wollen.
  5. Vor allem ist die amerikanische Forderung auch in der Höhe nicht unberechtigt: Denn die dreieinhalb Prozent, die nach Abzug der Infrastruktur-Ausgaben für Verteidigungszwecke auszugeben sind, entsprechen haargenau dem, was die USA selbst für militärische Zwecke aufwenden. Und innerhalb der Nato sind ja die Amerikaner der neben Kanada am wenigsten gefährdete Bündnispartner. Daher hat das Trump-Argument etliche Logik für sich: Warum sollen die USA für die Sicherheit Europas so viel mehr ausgeben, als die Europäer selbst für die eigene Sicherheit tun? Das sei letztlich den amerikanischen Bürgern und Steuerzahlern nicht zuzumuten.

Dieser Logik ist wenig entgegenzuhalten, außer das Argument, dass die Amerikaner ihre Flugzeuge, Flugzeugträger, Raketen und GIs genauso auch für die Sicherheit Israels, Taiwans oder Südkoreas einsetzen können, die alle sogar noch mehr bedroht scheinen als Europa.

Die aufgezählten Argumente beider Seiten haben etliches für sich. Daher sei die Prognose gewagt: Sofern die Europäer zumindest deutlich mehr für Verteidigung ausgeben (wobei linke Länder wie das geographisch auch am wenigsten gefährdete Spanien wohl überhaupt nicht mittun werden), werden die USA das Bündnis doch nicht aufkündigen, auch wenn die 3,5 Prozent nicht erreicht werden. Und der erfolgsgierige Trump wird dann immer noch sagen können, dass er die Europäer wenigstens in die richtige Richtung gezwungen habe.

Freilich: Alles wird ganz anders aussehen, wenn es nicht gelingen sollte, den anderen Schauplatz des Matches Europa vs. USA unter Kontrolle zu bringen. Das ist der noch in keiner Weise gelöste Zoll- und Handelskrieg zwischen den beiden Seiten des Atlantiks. Dessen Lösung hängt gleich von zwei noch ungelösten Grundvoraussetzungen ab:

  1. Trump muss so viel über volkswirtschaftliche Zusammenhänge lernen, dass er begreift, wie sehr seine Zolllawine auch den US-Konsumenten und daher Wählern schwer schaden würde.
  2. Die Europäer müssen begreifen, dass ihre Kontrollsucht, ihre Besteuerungsgier und ihre Datenschutzmanie gegenüber den amerikanischen Internetgiganten für die USA völlig inakzeptabel ist.

Am Ende hängt wirklich alles mit allem zusammen. Aber wären da wie dort kluge Staatsmänner am Werk, wäre ich sicher, dass sie zu einer umfassenden Lösung kommen. Jedoch: Gerade an dieser Voraussetzung dürfte es derzeit hapern …