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Österreich, Polen, Ungarn – und die Schwulen

Österreich, Polen, Ungarn – und die Schwulen

Die ORF-ZiB hat daraus eine vier Minuten lang zelebrierte Spitzenmeldung gemacht: Der Bezahlsender begeisterte sich darin über eine Großdemonstration gegen die ungarische Regierung, die von dieser zwar verboten, aber letztlich hingenommen worden ist. Nur zum Vergleich: Als einst der jetzige Regierungschef Orbán Großdemonstrationen gegen die damalige linke Regierung organisiert hatte, hat das den ORF lange nicht so interessiert oder gar begeistert. Trotz der Länge des nunmehrigen Berichts hat der Sender aber die zwei wichtigsten Fakten rund um die Demonstration nicht erwähnt. Diese wieder einmal windschiefe Berichterstattung interessiert freilich nur die österreichischen Zwangsgebührenzahler. Für Europa wie Ungarn sind andere Aspekte rund um diese Demo viel spannender und wichtiger.

Der eine Aspekt ist das Verhalten der EU und insbesondere der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Diese hat sich schon vor der sogenannten Pride-Parade öffentlich für deren Durchführung eingesetzt. Ja, noch provozierender: Sie hat sich dabei als Begründung auf "Gleichheit und Nichtdiskriminierung," auf "unsere Grundwerte" berufen, "die in unseren Verträgen verankert sind". Und das ist nun wirklich empörend.

  1. Denn erstens hat eine Veranstaltung, bei der die Homosexualität gefeiert wird, absolut nichts mit "Gleichheit und Nichtdiskriminierung" zu tun.
  2. Denn zweitens ist das eine massive Einmischung in die nationalen Angelegenheiten eines Mitgliedsstaats.
  3. Denn drittens schadet Frau Von der Leyen durch die Unterstützung für die Schwulenparade massiv dem Ansehen der EU bei der Mehrheit der Bürger innerhalb und außerhalb der EU.
  4. Denn viertens zeigt sie damit, dass die europäischen Grundwerte völlig beliebig uminterpretiert werden können.
  5. Denn fünftens hat bei Gründung der EU und bei Abschluss ihrer Verträge absolut niemand daran gedacht, dass man damit grünes Licht für die aufdringliche Befeierung der Homosexualität gegeben hätte.
  6. Denn sechstens war es bei der Gründung der EU auch in absolut keinem Mitgliedsland denkbar, dass da ungestraft Aufmärsche von Menschen in einschlägig aufreizenden Gewandungen stattfinden können (so etwas hat es damals höchstens in San Francisco gegeben).
  7. Denn siebentens war dieser Auftritt und diese Positionierung Von der Leyens das wirklich allerdümmste Signal zu einem Zeitpunkt, da man eigentlich die Europäer, speziell die jungen Männer davon überzeugen müsste, sich bereit zu finden, für die Verteidigung Europas gegen eine tatsächlich bestehende Gefahr als Soldat sein Leben zu riskieren; aber wenn Homosexualität & Co der wichtigste Grundwert Europas geworden zu sein scheinen, wird kaum jemand für dieses Europa in den Krieg ziehen wollen.
  8. Denn achtens hat die Vertraute Angela Merkels damit der russischen Propaganda einen perfekten Anlass geliefert, gegen Europa zu stänkern.
  9. Denn neuntens sind die Europäer gerade mit großer Mühe dabei gewesen, den amerikanischen Präsidenten dazu zu bringen, weiter den Atomschirm über Europa zu halten. Das ist ja gar nicht mehr so sicher, seit der US-Vizepräsident in scharfen (und treffenden) Worten Europa wegen massiver Einschränkungen der Meinungsfreiheit getadelt und daraus die Konklusion gezogen hat, dass die Europäer ganz andere Werte als die USA hätten, weshalb diese nicht mehr sonderlich motiviert seien, dieses Europa zu verteidigen. Und genau zu diesem Zeitpunkt macht die Kommissionspräsidentin der amerikanischen Führung, die gerade ein großes, bisher nach einem prominenten Schwulen benanntes großes Schiff demonstrativ auf einen anderen Namen umgetauft hat, geradezu mit dem Holzhammer klar, dass Europas Grundwerte tatsächlich andere sind als die der USA.
  10. Denn zehntens steht in den Verträgen absolut nichts vom Befeiern der Homosexualität.

Dümmer geht’s nimmer. Das einzige, was rational die Aktion Von der Leyens erklärt, ist der Druck, den die rot-grün-pinken Parteien auf sie ausgeübt haben. Hätte sie dem nicht nachgegeben, wäre sie künftig komplett – neben den eigenen Konservativen – von den europäischen Rechtsparteien abhängig gewesen. Und die sind halt in Sachen Europa mit Ausnahme der italienischen Ministerpräsidentin alles andere als konstruktive Partner.

Das ist ein absolut trauriges Zustandsbild Europas.

Dennoch ist Viktor Orbán, der sich als schärfster Kritiker der EU-Führung seit Jahren profiliert, nicht der Sieger dieses Wochenendes. Denn:

  • Das Verbot der Versammlung steht auf rechtlich dünnen Beinen, hat doch der grüne Bürgermeister der Stadt plötzlich eine städtische Veranstaltung daraus gemacht, die nach ungarischem Recht offenbar kaum zu verbieten ist.
  • Optisch ist es jedenfalls immer peinlich für eine Regierung, zuerst etwas lauthals zu verbieten und es dann doch hinzunehmen; das ist politpsychologisch ein Schwächezeichen, woran auch nachträgliche Verwaltungsstrafen für Versammlungsteilnehmer nichts mehr ändern würden.
  • Orbán hat durch diese zwei Fehler der in Ungarn eigentlich sehr kleinen linken Opposition die Möglichkeit gegeben, sich moralisch aufzurüsten, spricht doch vieles dafür, dass die Mehrzahl der Teilnehmer aus parteipolitischen und nicht schwulenkämpferischen Gründen mitgemacht hat, dass sie erst durch Orbáns Kampf gegen die Parade aktiv geworden sind.
  • Am heikelsten aber ist für Orbán: Er steht jetzt politisch in einem Zweifrontenkampf. Denn Peter Magyar, jener Mann, dessen Partei mit gewaltigen 41 Prozent bei den Umfragen führt, hat demonstrativ nicht an dem Aufmarsch teilgenommen (was absurderweise in den sich als objektiv ausgebenden ORF-Berichten nicht erwähnt wurde): Magyar ist früheres Mitglied der Orbán-Partei; und er sowie seine Tisza-Partei sind ebenfalls konservativ. Er ist Orbán mit anderen Worten nicht in die Falle gegangen, sich bei vielen ungarischen Wählern durch die Teilnahme an einer verbotenen Demonstration und als Schwulen-Freund zu diskreditieren. Er kämpft lieber gegen die Korruption, die Orbán auch von vielen anderen Ungarn vorgehalten wird. Diese können von Magyar auch eine Entspannung des ungarischen Verhältnisses zur EU erwarten. Das Land hat aus wirtschaftlichen Gründen eine solche Entspannung dringend nötig – selbst wenn die Einmischung der EU-Kommission in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedslandes eine ungeheure Sauerei bleibt und viele Ungarn empört.

Dass sich die EU-Kommission in Ungarn genauso widerlich wie zuvor in Polen in die nationale Politik eines Mitgliedslandes eingemischt hat, steht in üblem Kontrast zu den antiösterreichischen Sanktionen des Jahres 2000: Damals war die Kommission noch fair und neutral; und die Linke sowie der eigentlich bürgerliche Franzose Chirac mussten ihre Kampagne gegen Österreich noch über die damals links stehenden Regierungen der Mitgliedsstaaten organisieren. Diese Einmischung von außen hat aber jedenfalls der angegriffenen Regierung in Wien eindeutig geholfen und der Volkspartei 2002 zum größten Wahlsieg einer Partei in den letzten 40 Jahren verholfen.

Ganz ähnlich hat auch die Einmischung in Polen zu einem von Brüssel ganz und gar nicht erwünschten Ergebnis der Präsidentenwahl geführt.

Die EU-Kommission ist jedoch offenbar nicht imstande, aus der Geschichte zu lernen und begeht in Ungarn neuerlich den gleichen Fehler. Was als elfte der zehn  oben aufgeführten Dummheiten zu werten ist. Denn die Kommission hat damit Orbán eigentlich neue Energie für die im kommenden Jahr fälligen Wahlen geliefert. Das könnte nur diesmal nichts helfen, da Peter Magyar eben nicht mit der EU in Sachen Schwulenparade fraternisiert hat, sondern sich lieber auf die Wähler konzentriert: Diese wollen einerseits keinesfalls von Brüssel bevormundet werden. Sie sind aber andererseits auch zunehmend des allzu lange regierenden Viktor Orbán und seiner Korruptionsgeschichten überdrüssig.