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Acht Bücher, die es wert wären

Acht Bücher, die es wert wären

Wieder einmal seien ganz subjektiv einige Buchtipps, überwiegend zu in letzter Zeit erschienen Sachbüchern, gegeben, die sich für sommerliche Lektüre und geistige Anregung auch nach den hoffentlich bald wieder warmen Tagen eignen. Diesmal habe ich mich mit einer Ausnahme nur mit Werken befasst, die einen klaren Österreich-Bezug haben. Die folgenden Anmerkungen zu acht Büchern sind wie immer mit einem Amazon-Link für jene Leser versehen, die ein Buch nicht in einer traditionellen Buchhandlung kaufen wollen oder können – wie es zur Erhaltung der kulturellen Infrastruktur eigentlich dringend empfehlenswert wäre.

(Freilich mache ich dabei um jene Buchhandlungen immer einen Umweg, in deren Auslagen einseitig der linke Zeitungeist dominiert). Die empfohlenen Bücher:

  1. An der Spitze sei Richard Cockett "Stadt der Ideen – Als Wien die moderne Welt erfand" erwähnt. Der Redakteur des "Economist" hat nach seiner Zeit in Wien entdeckt, wie viele für die ganze Welt wichtige Impulse und Ideen im Wien der Jahrzehnte rund um die vorletzte Jahrhundertwende wurzeln. Es ist ein wirklich imposantes und gut lesbares Kompendium geworden, in dem man auf viele bekannte, aber auch unbekannte Persönlichkeiten stößt, die in irgendeiner Hinsicht Weltgeltung bekommen haben. Es würde zu weit führen, alle gefundenen Namen und Schulen hier aufzuzählen. Es fällt freilich als recht widersprüchlich auf, wenn Cockett einerseits sehr die "Österreichische Schule der Nationalökonomie" lobt, die von Englands Thatcher bis zu Argentiniens Milei Weltgeltung und große Erfolge erzielt hat, wenn er sich aber gleichzeitig auch vom "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit begeistert zeigt. Denn dort hat man so ziemlich das genaue Gegenteil der Österreichischen Schule praktiziert und damit neben vielen Gemeindebauten vor allem auch viele Arbeitslose produziert.
  2. Das nächste Buch will in ganz anderer Form die Brücke aus der Vergangenheit in die Zukunft schlagen. Wolfgang Schüssel wirft in "Mit Zuversicht – Was wir von gestern für morgen lernen können" viele spannende und bunt gemischte Blitzlichter auf Persönlichkeiten und Episoden seines politischen Lebens. Der ehemalige Wirtschafts- und Außenminister sowie Bundeskanzler leitet daraus in seiner bekannten optimistischen Grundhaltung immer konkreter Erkenntnisse ab, zieht immer einige Lehren für die Zukunft. Es finden sich genauso begeistertes Lob für das Buch von Arnold Schwarzenegger wie viele flammende Bekenntnisse zu Europa und zum Liberalismus, wie etwa auch ein Vergleich zwischen den Regierungsbildungen im Jahr 2000 (also unter ihm) und denen des Jahres 2025. Viele Details sind spannend und auch dem hauptberuflichen Beobachter der Zeitläufte entgangen gewesen. Das gilt zum Beispiel für Schüssels nach-politische Tätigkeit als Aufsichtsrat bei der russischen Ölfirma Lukoil: Dort ist es ihm zusammen mit einigen anderen gelungen, eine klare Verurteilung des Krieges gegen die Ukraine durchzusetzen. Was freilich seine dortige Tätigkeit bald beendete …
  3. Noch ein anderer österreichischer Altpolitiker der gleichen Generation brachte jetzt ebenfalls seine Erinnerungen heraus. Das ist Peter C. Marboe mit "Mehr Kultur in der Politik". Obwohl der gleichen Partei angehörig und, obwohl er so wie Schüssel einer der ganz wenigen wirklich massiv kulturaffinen Menschen in der Politik war und ist, hat Marboe in vielem ganz andere Positionen als Schüssel. So war er stets ein Kritiker der von Schüssel eingegangen Koalition mit der FPÖ und stark von seiner Position als Wiener Stadtrat in einer Koalition mit den – noch dazu im Rathaus dominierenden – Sozialdemokraten geprägt. Auch wenn der Titel des Buches eher nach einer sehr direkten politischen Forderung klingt, so stellt sein Werk doch viel stärker als das von Schüssel sehr persönliche Lebenserinnerungen dar. Die sind aber durchaus spannend und vielseitig. Stammt doch Marboe aus einer stark und auf vielfältige Weise mit dem österreichischen Kulturbetrieb verbundenen Familie, war er doch selbst in wichtigen Schaltstellen des Kulturlebens tätig: als Kulturstadtrat, als Kulturdiplomat oder als Intendant des Mozartjahres. In New York hat er sich aber auch besonders um die Betreuung der jüdischen Altösterreicher verdient gemacht. Er war aber auch als enger Mitarbeiter führender ÖVP-Politiker von Josef Klaus bis Alois Mock im Zentrum der österreichischen Politik. Und er mag Sebastian Kurz überhaupt nicht. Rund um diese wie noch etliche andere Funktionen schießt Marboe ein Feuerwerk an Anekdoten und kurzgefassten Erlebnissen ab.
  4. Ein paar Jahrzehnte weiter zurück in die Geschichte, in benachbarte Regionen, in die Welt der Spionage sowie der katholischen Kirche führt Ulrich L. Lerner in "Spion für Papst, Kaiser und British Empire – Das geheimnisvolle Leben des Rudolf von Gerlach". Dieses Werk ist das Ergebnis einer umfangreichen historischen Detektivarbeit und stellt einen bisher kaum bekannten Winkel der Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Zentrum. Gerlach war ein priesterlicher Diplomat und Assistent des vatikanischen Ehegerichtshofs, wo er Einblick in die delikate Annullierung etlicher prominenter Ehen gewonnen hat. Im September 1914, also während der ersten Tage des ersten Weltkriegs, wurde der Bayer Privatsekretär des neuen Papstes Benedikt XV. Schon bald ordnete der Papst an, dass alle Nachrichten über den Krieg nicht mehr über das Staatssekretariat, sondern über Gerlach gehen sollten. Im Jahr 1915 aber zwangen die Gegner der Mittelmächte Gerlach, Italien zu verlassen. Sie behaupteten, er wäre ein deutscher Spion. Der Papst hielt jedoch weiter große Stücke auf ihn und schickte ihn auf geheime Friedensmissionen. Nach 1917 brach die Beziehung ab und Gerlach schied auch aus dem Priesteramt aus. Er hielt aber weiterhin vor allem von Österreich und der Schweiz aus exzellente Kontakte und hatte spannende Informationen. In den 30er Jahren wurde er deshalb zu einer wichtigen Informationsquelle des britischen Geheimdienstes. Gleichzeitig wurden er und seine Frau Ziel von Spionage-Attacken, aber auch sexuellen Denunziationen vor allem durch die Nazis. Deshalb setzte er sich schließlich nach England ab. Ein spannendes Werk, das sich wie ein Krimi liest.
  5. Ebenfalls ein katholischer Priester ist der Österreicher Michael Heinrich Weninger, der früher ebenfalls Diplomat gewesen ist. Er leuchtet in einen ganz anderen Winkel der europäischen Geschichte: Durch sein Werk "Loge und Altar – Über die Aussöhnung von katholischer Kirche und regulärer Freimaurerei", aber auch durch viele Vorträge und Kontakte befasst er sich einerseits mit der Geschichte der Freimaurerei und andererseits mit den Beziehungen zwischen Freimaurerei und Kirche. Er empfindet eindeutig Respekt für einen – untechnisch ausgedrückt – gemäßigten Flügel der Maurerei, ohne aber jemals offenzulegen, ob er selbst "dazugehört". Er steht eindeutig in der Tradition von Kardinal Franz König, der ebenfalls sein Leben lang für eine Aussöhnung zwischen Kirche und Freimaurerei eingetreten ist, die freilich bis heute nicht wirklich gelungen ist.
  6. Der österreichische Psychiater Raphael M. Bonelli geht in "Tabu – Was wir nicht denken dürfen und warum" einem sehr aktuellen Phänomen mit wissenschaftlichen Methoden nach, das wir besser als "Political Correctness" und "Wokeness" kennen. Eine Gesellschaft, die vorgibt, frei und liberal zu sein, verbietet immer mehr Gedanken und Argumentationen, obwohl diese offensichtlich richtig sind. Bonelli legt die Bruchlinien bloß, die zu öffentlicher Empörung führen, wenn es jemand wagt, die unser Leben seit einigen Jahren immer dichter einengenden und die Meinungsfreiheit immer mehr abschaffenden Tabus zu durchbrechen. Er zählt dabei offen auf, was heute alles tabuisiert ist: etwa Vaterlandsliebe; etwa die Abneigung dagegen, wenn Männer Frauen beim sogenannten Frauenboxen verprügeln; etwa "Blackfacing"; etwa "Leugnen des Klimawandels"; etwa die Worte "Zigeunerschnitzel", "Mohr im Hemd" oder das "N-Wort". Dieses Wort wird freilich auch von Bonelli, offenbar unter Druck des ängstlichen Verlags, so geschrieben. Das besonders Schlimme: Diese irrationalen Dankverbote werden immer mehr.
  7. Einem besonders heiklen Tabu geht Werner Reichel in "Das Netzwerk der Kinderschänder: Politik, Macht und Pädophilie in Österreich" nach. Er arbeitet darin viele bekannte und unbekannte Fälle auf. Zu den bekanntesten zählt zweifellos das skandalöse Verhalten der österreichischen Staatsanwaltschaft in der Causa Kampusch, wo vielen mehr als merkwürdigen Indizien nicht nachgegangen worden ist, wo aber die ohne Zustimmung von Staatsanwälten praktisch kastrierte Polizei, sowie Richter, die um Aufarbeitung kämpften, chancenlos geblieben sind. Sie wurden zum Teil in unglaublicher Umkehr der Tatsachen selbst vor Gericht gestellt, weil sie das staatsanwaltliche Totschweigen der Fakten nicht hinnehmen wollten. Reichel zeigt aber auch die schlimmen geistigen Verbindungen zwischen der kriminellen Pädophilie, den Grünen – deren Vorläufer sogar die Aufhebung der Strafbarkeit von Sexualität mit Kindern verlangt haben – und der LGBTQ-Bewegung mit ihrem auffallenden Interesse an kleinen Kindern auf.
  8. Gleich in zweifacher Hinsicht eine Ausnahme ist Rainer Zitelmann "2075 – Wenn Schönheit zum Verbrechen wird". Denn es ist es das einzige Buch ohne Österreich-Bezug und es ist der einzige Roman in diesen Buchempfehlungen. Es ist eine bitterböse Satire über das zentrale linke Grundanliegen der totalen Gleichmacherei, von dem noch immer manche glauben, dass sie etwas mit Gerechtigkeit zu tun hätte. Die Dystopie Zitelmanns geht von der Annahme aus, dass es attraktive Frauen im Leben leichter hätten, dass Schönheit also ein unverdientes Privileg wäre – so wie etwa angeblich Europäer ungerecht bevorzugt wären. Aus dem Kampf gegen dieses vermeintliche Privileg geht eine, den Klimaklebern, neomarxistischen Studenten, aber auch klassischen Sozialdemokraten ähnliche Bewegung "Movement for Optical Justice" hervor. Er beschreibt eine Gleichheitsdiktatur, die schöne Frauen verfolgt. Die Verfolgung beginnt mit höheren Steuern und führt über berufliche Nachteile zu Zwangsoperationen, mit denen schöne Frauen hässlicher gemacht werden. Daneben gibt es manche auch unpolitische Utopie-Elemente aus dem Jahr 2075 wie eine kurze Reise zum Abendessen auf dem Mond. Der Historiker und Soziologe Zitelmann war ursprünglich wie viele aus seiner Babyboomer-Generation Marxist, ist aber dann durch seine Arbeiten über den nationalsozialistischen Totalitarismus zum liberalen Konservativen geworden.