
Die Stadt Wien und eine schiefgegangene Gesundheitsreform
Auch wenn die behaupteten Zahlen nicht konkret überprüfbar sind, so hat Wien sicher Recht mit seinen Klagen, dass ihm die Patienten aus anderen Bundesländern teuer kommen. Wien und speziell die dort regierenden Genossen sollten da freilich dennoch viel leiser sein, weil die Bundeshauptstadt auf vielen anderen Ebenen sehr von den anderen Ländern profitiert. Und vor allem, weil das Wiener Rathaus gegen viele sinnvollen Reformen aus rein parteipolitischen Gründen oder aus geistigem Rathausturmdenken heraus opponiert hat.
Es ist aber extrem unklug von den Wiener Rathausmännern, dieses Thema allzu laut zu spielen, oder gar Nicht-Wiener Patienten in irgendeiner Weise zu benachteiligen. Denn dann kommt natürlich eine Gegenrechnung auf den Tisch:
- Wien bekommt beim innerösterreichischen Finanzausgleich viel mehr Geld pro Kopf als die übrigen Bundesländer.
- Wien bekommt für jede Ausbaustufe seiner (durch SPÖ-Verschulden bekanntlich viel zu spät begonnenen) U-Bahnen eine dicke Stange Geld vom Bund, also von allen Bundesländern, während diese ja keine U-Bahnen haben, für die sie kassieren könnten.
- Die Bundesländer-Bewohner müssen sich ihre Hauptverkehrs-Achsen selber zahlen: Das sind die Autobahnen. Diese werden über die Mautpickerl und die horrenden Preise auf den Autobahn-Raststationen finanziert, nicht über das allgemeine Budget. Und die normalen Straßen finanzieren sich großteils über die Mineralölsteuer der Autofahrer.
- Wien weigert sich bis heute egoistisch, die U-Bahnen über die Stadtgrenzen hinaus zu bauen, was zumindest Richtung Süden sehr notwendig wäre und was den Autoverkehr reduzieren würde.
- Wien kommen nicht zuletzt über die große Umwegrentabilität, von der Wiener Hotels, Restaurants, Taxis usw. profitieren, fast alle Ausgaben für die Bundestheater und Bundesmuseen zugute. Allein dafür leitet der Bund mehr Geld nach Wien, als Wien jetzt behauptet, für die Nicht-Wiener Patienten zahlen zu müssen.
- Auch die Ausgaben für Bundesbeamte kommen überdurchschnittlich Wien zugute. Leben diese doch meist in der Bundeshauptstadt, wo sie logischerweise auch einen Großteil ihres Geldes ausgeben.
- Das Gleiche gilt auch für die Universitäten (die es nur in viel kleinerem Umfang auch in einigen anderen Landeshauptstädten gibt), für die Forschungs- oder für die Medienförderung und viele weitere Institutionen.
- Die Stadt Wien bekommt von den Menschen aus den Bundesländern viel mehr Geld aus Parkgebühren oder Kommunalsteuer, als umgekehrt aus Wien abfließt, kann man doch vielerorts im Gegensatz zu Wien noch gratis parken.
- Dazu kommt, dass Wien über die (wenn auch gegen Jahresgebühr) zum Gratisparken berechtigenden Bezirksplaketten viele Nicht-Wiener dazu bewegt hat, sich in Wien hauptzumelden, obwohl diese hauptsächlich in Niederösterreich (oder im Burgenland) daheim sind. Wien hat dadurch auf dem Papier höhere Einwohnerzahlen, die es beim Finanzausgleich geltend machen kann, die Nachbar-Bundesländer und vor allem deren Gemeinden müssen aber dennoch die volle Infrastruktur für diese Menschen finanzieren.
- Der Rest der Republik wird durch den Vorstoß aus dem Rathaus an die unsägliche Äußerung des Wiener Bürgermeisters erinnert: Es ginge niemanden etwas an, was "wir mit unserem Geld machen" (das in Wahrheit aber auch aus den anderen Ländern stammendes Geld ist, welches der Finanzminister bundesweit eingehoben und dann umverteilt hat). Diese von Wien angestoßene Debatte erinnert den Rest des Landes jetzt wieder daran, dass der größte Profiteur des österreichischen Föderalismus-Systems im Wiener Rathaus sitzt.
Dass Wien weit mehr für jeden einzelnen Migranten ausgibt als die anderen Bundesländer, ist erst recht kein Grund, die anderen Länder wegen der höheren Gesundheitskosten anzustänkern, wie es der oberste Scharfmacher im Rathaus zuletzt ständig tut. Denn derselbe Peter Hacker ist ja gleichzeitig auch Hauptschuldiger dafür, dass Wien den Migranten viel üppigere Grundsicherung zahlt als alle anderen. Das leert nicht nur die Stadtkassen, sondern hat Wien auch aus eigenem Verschulden zu einem Magneten für nicht-arbeitende Migranten gemacht, in die Bundeshauptstadt zu ziehen.
Zurück zum Ausgangspunkt, zu den explodierenden Ausgaben für die Gesundheit, welche die Spitalsstadt Wien besonders treffen: Diese sind zu einem Gutteil auf die toll angewachsenen und eindrucksvollen Fähigkeiten der modernen Medizin zurückzuführen wie auch auf das rasch gestiegene Durchschnittsalter. In einem längeren Leben hat man halt auch öfter die Notwendigkeit, sich behandeln zu lassen.
Aber darüber hinaus sind es ebenfalls die Sozialisten, die gleich mehrfach einen Großteil der Schuld an den Finanznöten des Gesundheitssystems tragen:
- Sie haben, sobald sie wieder in der Regierung waren, die Abschaffung der von Schwarz-Blau eingeführten Ambulanzgebühr durchgesetzt, die Patienten zahlen mussten, wenn sie in ein Spital gehen wollten statt in eine (immer billigere!) Ordination.
- Sie sind seit vielen Jahren das größte (wenn auch nicht das einzige) Hindernis, dass die explodierenden Kosten für die Finanzierungslücke der Pensionsversicherung durch eine Erhöhung des Antrittsalters reduziert würde.
- Sie sind damit mitverantwortlich, dass viel öffentliches Geld für gesunde Menschen hinausgeworfen wird, die mit 62 Jahren nicht mehr arbeiten wollen, das dann nicht mehr vorhanden ist, wenn es krank gewordene Menschen wirklich brauchen.
- Vor allem aber sind sie mitverantwortlich dafür, dass die Krankenversicherungsreform der Ära Kurz, die zweifellos in die richtige Richtung begonnen worden ist, nicht zu einem erfolgreichen Ende gekommen ist: Die Linken haben immer nur kritisiert, dass die Krankenkassenreform nicht die einst versprochene Milliarde an Einsparungen gebracht hat. Sie haben aber zugleich mit verhindert, dass eine echte Reform mehr Änderungen bringen würde, als es die Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen gebracht hat. Diese hat zwar ein wenig Einsparungen gebracht, aber wirklich sinnvoll und erfolgreich wäre die Reform nur, wenn die von der SPÖ so verachtete und bekämpfte Reform neben der Zusammenlegung der Kassen auch einen gesamtösterreichischen Krankenhausplan gebracht hätte. Eine wirkliche Reform, bei der das Nachdenken und Planen nicht an den Bundesländergrenzen aufhört, hätte freilich ein Verfassungsgesetz gebraucht, also auch Stimmen der Opposition gebraucht..
Gäbe es eine echte, auch die Verfassung modernisierende Gesamtreform des Gesundheitswesens, dann wäre jedenfalls der Konflikt Wien-Niederösterreich sofort gelöst worden – oder gar nicht erst entstanden.
Aber statt dessen war für die SPÖ und die Gewerkschaften wie auch die Wirtschaftskammer nur eines wichtig: Dass die Gesundheitskasse so wie vorher die Gebietskrankenkassen fest in der Hand der Sozialpartner geblieben ist. Echte Reformen hingegen scheut sie wie der Teufel das Weihwasser.
Damit war und ist die Chance auf eine Realisierung der Notwendigkeit vertan, dass in der Gesundheitskasse ein rein an die Kosten, die Effizienz und die Gesundheit der Österreicher, aber nicht an Partei-, Kammer- oder Gewerkschafts-Interessen denkendes Management zu viel besseren Ergebnissen kommt. Dass es dann nur einmal und nicht neun Mal Tarif-Verhandlungen mit der Ärztekammer geben wird. Dass die Patienten an den medizinisch wie kostenmäßig besten Behandlungsort gelotst werden und nicht automatisch bei auch nur kleinen Gesundheitsbeschwerden eine teure Spitalsambulanz aufsuchen (wie es insbesondere unsere lieben Migranten tun, weil sie es aus ihrer Heimat ja auch nur so kennen). Und eben, dass es einen gesamtösterreichischen Spitalsplan gibt.
Gäbe es eine wirklich professionelle Gesundheitsreform, dann hätte das einen Vorteil: Österreich wäre zumindest der unselige Rotgewerkschafter Andreas Huss an der Spitze der ÖGK erspart geblieben, der jetzt gerade wieder durch unerträgliche klassenkämpferische Äußerungen negativ aufgefallen ist: Auf die Klagen vieler Arbeitgeber, dass so viele Österreicher krank feiern und betrügerisch unter Vorspiegelung einer Krankheit ihrem Arbeitsplatz fern bleiben, ist ihm nur folgende Antwort eingefallen: "Auf die Arbeitnehmer hinhauen, das geht gar nicht".
- Dabei ärgern sich nicht nur die Chefs, sondern auch der Großteil der Arbeitnehmer über Kollegen, die den Krankenstand vortäuschen, weil dann ja meist sie deren Arbeit übernehmen müssen.
- Dabei ist die ÖGK die einzige Institution, die das Recht hat, Hausbesuche vorzunehmen, um zu kontrollieren, ob der Krankenstand ein echter ist.
- Aber zahlen müssen das Ganze während der ersten Krankenstandstage eh nur die Unternehmer.
Daher ist das Krankfeiern vieler Arbeiter einem Gewerkschaftsfunktionär alten geistigen Zuschnitts egal. So egal, wie ihm die Lage der österreichischen Wirtschaft als Ganzes offenbar ist. Die Metaller-Gewerkschafter mit ihrem gemäßigte Lohnabschluss bilden da offenbar die einzige Ausnahme. Diese Konsensfähigkeit der Metallgewerkschaft wird durch wird durch die intensive Kritik der restlichen Gewerkschaften an dem vernünftigen Lohnabschluss der Metaller bewiesen.