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Informationsfreiheit: die zwei wichtigsten Punkte vergessen

Informationsfreiheit: die zwei wichtigsten Punkte vergessen

Es ist gut, wichtig und richtig, dass alle Österreicher ab heute einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Informationen durch die Behörden haben. Vielleicht ändert das doch etwas an der Gesinnung mancher Amtsstuben, wo man Staatsbürger bisher als Untertanen, als lästig, als Objekte ohne subjektive Rechte angesehen hat. Vielleicht reduziert das doch die Korruption bei der Vergabe von Aufträgen oder gar Inseraten durch Ministerien, Bundesländer und Gemeinden. So gut das ist, so katastrophal könnte es sich aber doch auswirken, dass man auf gleich zwei zentrale Aspekte vergessen hat.

Denn es besteht zum ersten die Gefahr einer noch weitergehenden Bürokratisierung und Verbeamtung der Republik. Es dürfte künftig ganz leicht sein, dass irgendeine Gruppe durch Einbringen Hunderter Informationsbegehren ganze Ministerien, Behörden oder Gemeinden lahmlegt, oder dass eine große Zahl von Bürgern sehr ähnliche, aber doch jeweils unterschiedliche Auskünfte verlangt. Und das kann ganz leicht dazu führen, dass eine Behörde dann nur noch drei Möglichkeiten hat:

  1. Sie kann die Anfrageflut nicht mehr bewältigen und begeht durch Nichtbeantwortung eine Gesetzesverletzung und erntet üble öffentliche Reaktionen.
  2. Sie lässt ihre anderen Aufgaben liegen, auf die Bürger jetzt oft schon unerträglich lange warten müssen, wie etwa eine Baubewilligung.
  3. Sie stellt zusätzliche Mitarbeiter ein, um die Anfragen zeitgerecht behandeln zu können. Und das führt zu noch mehr Defizit und Schulden (oder nach dem Willen von Rot und Grün zu noch höheren Steuern).

Eine vierte Möglichkeit ist praktisch nicht vorstellbar. Denn an Zurückhaltung aller Österreicher mit dem Stellen von Auskunftsbegehren zu glauben, ist unrealistisch. Fühlen sich doch allzu viele Bürger von den Ämtern schlecht behandelt, gibt es doch allzu viele Vermutungen, wo etwas nicht korrekt zugehen könnte. Gibt es doch einige zu radikale Gruppen, die aus politischem Bestemm oder aus Jux und Tollerei den Versuch starten könnten, unbeliebte Behörden lahmzulegen. Könnten doch zu leicht irreführende Artikel einer Boulevard-Zeitung eine Anfrageflut auslösen.

Ebenso ist es unrealistisch zu glauben, dass sich Beamte und Vertragsbedienstete jetzt – auf gut österreichisch – "einen Haxen ausreißen werden", um ohne Zulage viel mehr zu arbeiten. Das wird selbst dort nicht passieren, wo in der Kapazität von behördlichen Mitarbeitern eigentlich noch etliches an Luft drinnen wäre. Denn die Belegschaft eines Amtes würde damit ja zugeben, dass sie bisher zu den Tachinierern gezählt hat, wenn sie plötzlich deutlich mehr zu arbeiten imstande und bereit wäre.

Dass tatsächlich eine Flut an Lahmlegungs-Anfragen kommen könnte, hat jetzt die FPÖ verdeutlicht (die sich gleichzeitig empört, dass bei Gemeinden unter 5000 Einwohnern die Informationspflicht geringer ist): Sie legt mit Tausenden parlamentarischen Anfragen zur Finanzierung von NGOs aus Steuergeldern ganze Ministerien lahm. Abgeordnete können ja schon bisher unbegrenzt Anfragen stellen. Sie tun das oft total ins Blaue hinein. Künftig können das aber auch Millionen Staatsbürger. Und nicht so wenige werden das wohl auch tun.

Dabei ist ganz unbestritten das Ziel der FPÖ-Anfragen richtig und legitim. Es ist geradezu unerträglich, wie viel ideologischer oder überflüssiger Unfug da über Nicht-Regierungs-Organisationen finanziert wird. Es geht im Grund um ein fundamentales Problem, das sich im Lauf der Jahre entwickelt hat: Über die Konstruktion der – zu Zeiten der Abfassung der Bundesverfassung als Institution noch völlig unbekannten! – NGOs und andere Auslagerungen wird die Verfassung weitestgehend ausgehebelt.

Alle für den Umgang mit Steuergeld sorgfältig konstruierten Instrumente können dadurch umgangen werden: Das sind etwa Prinzipien wie Sparsamkeit, Budgetwahrheit oder die Kontrolle durch Rechnungshof und Parlament. Juristisch formuliert wird dadurch vor allem das Legalitätsprinzip zunichte gemacht, also das Prinzip, dass sämtliches Behördenhandeln, sämtliches Ausgeben von Steuergeld nur streng auf Grund der Gesetze erfolgen darf. Denn sobald man einen Weg gefunden hat, demzufolge eine NGO Steuergeld bekommen kann, verschwindet dieses Steuergeld anschließend in einem schwarzen Loch ohne jede weitere Kontrolle. Es gibt höchstens eine parteipolitisch-ideologische Kontrolle durch den jeweiligen Minister …

Dieser skandalöse Missstand wird aber nicht durch Tausende Anfragen, die nur zu einem weiteren Bürokratiewust führen, beseitigt, sondern nur durch strenge Gesetze, die jede Geldausgabe durch NGOs denselben Regeln wie Geldausgaben durch echte Ämter unterwirft.

Eine solche Regelung hat freilich auch die FPÖ nicht verlangt, als sie selbst an der Regierung war. Damals hat sie eher nach der Devise gehandelt: Jetzt sind endlich wir dran beim Geldausgeben. Aber auch die anderen Parteien haben kein solches Gesetz beschlossen oder angestrebt, hat doch jede ihre eigenen nach Geld gierenden Schützlinge, die möglichst frei mit den Subventionen umgehen wollen.

Das Fehlen einer solchen Regelung war das erste große Versäumnis beim Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes. Das zweite war der unterlassene Bau von Barrieren gegen übermäßige oder überflüssige Anfragen. Dieser wäre ganz einfach durch eine angemessene Kostenbeteiligung zu schaffen gewesen. So wie man für einen Pass etwas zahlen muss – den ja niemand zum Behördenschikanieren oder Spaß beantragt, der vielmehr eine notwendige Selbstverständlichkeit für die meisten Bürger ist, der aber dennoch kostenpflichtig ist –, so sollte man eben auch beim Stellen von Fragen etwas zahlen, bei dem ja viel eher Missbrauch denkbar ist.

Etwa 100 bis 200 Euro wären für jeden zumutbar, der ein echtes Frage-Interesse hat. Man könnte die zu zahlenden Kosten auch je nach Länge der Anfrage samt Beantwortung bemessen, oder gemäß der von den Beamten aufgewendeten Arbeitszeit. Diese ist zwar nicht direkt kontrollierbar, würde aber beim Verdacht eines Exzesses einer richterlichen Nachprüfung unterliegen (auch Anwälte und ähnliche Berufe verrechnen ja oft gemäß den aufgewendeten Stunden und müssen sich bei Übermaß einem Richter und der eigenen Disziplinarjudikatur ihrer Kammern stellen).

Eine solche Kostenbeteiligung hätte jedenfalls viele Vorteile:

  1. Bürger würden ihre Fragen viel genauer formulieren.
  2. Es würde nicht ins Blaue hinein gefragt werden.
  3. Die Beamten wären viel motivierter beim Antworten, weil sie ja spüren, dass sie eine wertvolle Dienstleistung erbringen.
  4. Schikanöse Serienanfragen würden unterbleiben.
  5. Und wenn es dennoch zu viele Informationsbegehren geben sollte, gäbe es auch mehr Geld in der Staats- (oder Stadt-) Kassa, um einen zusätzlichen Mitarbeiter dafür anzustellen, ohne dass dessen Gehalt zu noch mehr Defizit und Schulden führt.