Wenn die Menschen klüger sind als die Politik
"Midem" ist eine demographische Studie, die besonders tief und genau die politischen Einstellungen der Menschen misst, weil sie auch der Intensität der Meinungen und Polarisierungen nachgeht. Ihre Ergebnisse sind erstaunlich: In Summe würden die Mehrheitsmeinungen der Bevölkerung eine viel klügere, weiter vorausschauende und anständigere Politik ergeben, als sie derzeit bei irgendeiner Partei oder Regierung in dieser Form und Gesamtheit zu finden ist, weder in Deutschland noch in Österreich. Freilich sind auch die Mehrheitsmeinungen in zwei Einzelfragen langfristig gefährlich und schädlich.
Das sogenannte "Polarisierungsbarometer" hat seine Messungen zwar in Deutschland vorgenommen (in Zusammenarbeit der Technischen Universität Dresden, der Mercator-Stiftung und des "Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung"). Aber alles spricht dafür, dass eine ähnliche Studie – die es freilich weit und breit nicht gibt – auch in Österreich zu sehr ähnlichen Ergebnissen führen würde.
Die zentralen Ergebnisse dieses "Midem" (Migration und Demokratie) genannten Polarisierungsbarometers:
- Zwei Drittel sprechen sich für eine weitere Einschränkung der "Zuzugsmöglichkeit für Ausländer" aus.
- Die Zuwanderung von Fachkräften wird hingegen von 61 Prozent befürwortet.
- Eine deutliche Mehrheit verlangt, dass "die Ausgaben für Rüstung und Waffen verstärkt werden" sollten.
- Rund zwei Drittel sprechen sich für eine wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit "vor allem mit anderen Demokratien" aus und für eine stärkere Abgrenzung von Diktaturen.
- Beim Klimaschutz sind hingegen die Meinungen ziemlich genau geteilt: Etwa gleich große Teile der Bevölkerung empfinden die bisherigen Maßnahmen entweder als noch nicht ausreichend oder als viel zu weitgehend.
- Eine deutliche Mehrheit ist aber zugleich der Meinung, dass dem Wirtschaftswachstum Vorrang vor Klimaschutz eingeräumt werden sollte.
- Dennoch sieht eine Mehrheit nicht den technologischen Fortschritt, sondern Einschränkungen im persönlichen Lebensstil als Schlüssel zur Bewältigung der Klimakrise.
- Eine knappe Mehrheit verlangt, dass persönliche Entfaltungsmöglichkeiten auch im Konfliktfall Vorrang gegenüber traditionellen Wertvorstellungen erhalten sollen.
- Beim Thema Umgang mit sexuellen Minderheiten spricht sich eine Mehrheit für weitere politische Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung aus.
- Für Regenbogen- und Pride-Flaggen an öffentlichen Orten zeigt aber nur eine Minderheit Verständnis.
Bei zwei Themen jedoch schmerzen die gegebenen Antworten, weil sie eindeutig zahlreichen empirischen Beweisen entsprechen:
- Bei der Frage, ob der Wohlstand durch freiere Märkte oder mehr staatliche Regulierung gesichert wird, ist das Meinungsbild ausgeglichen.
- Sogar eine deutliche Mehrheit spricht sich für eine Umverteilung von Reich zu Arm aus.
Dabei ist jedoch eindeutig bewiesen, dass zu viele staatliche Regulierungen noch jedes Land, jede Gesellschaft verarmen lassen haben; und dass zu viel Umverteilung immer dazu führt, dass die Wohlhabenden auswandern und die Armen zuwandern, und dass gleichzeitig die Leistungsbereitschaft sinkt.
Bei einem Großteil der oben abgefragten Themen ist die Emotionalisierung zwar eher gering. Bei etlichen aber ist die Polarisierung zwischen den entgegengesetzten Ansichten sehr groß. Das lässt ein zunehmendes Auseinanderklaffen der Gesellschaft befürchten. Das betrifft vor allem folgende Fragen:
- Zuzugsmöglichkeit für Ausländer;
- Unterstützung der Ukraine;
- Bekämpfung des Klimawandels;
- die richtige Reaktion auf die Bedrohung durch Russland;
- und den Umgang mit abweichenden sexuellen Orientierungen.
Das sind freilich genau die Themenfelder, wo Medien und Regierungen einseitig die Menschen mit ihrer Meinung zu indoktrinieren versuchen. Umso emotionaler wehren sich viele Bürger gegen diese als aufoktroyiert empfundenen offiziellen Meinungen. Dabei wäre es enorm wichtig, gerade in diesen emotionalisierten und polarisierten Fragen eine ständige, offene und zivilisierte Diskussion auf allen Ebenen und mit allen Positionen zu führen. Zumindest dann, wenn wir eine Demokratie und offene Gesellschaft bleiben wollen.
Im wirklichen Leben werden aber immer höhere Brandmauern gegen vermeintlich falsche Meinungen aufgebaut. Statt den offenen demokratischen Dialog zu suchen, wird vor allem in Deutschland mit immer absurderen Methoden in die Meinungsfreiheit eingegriffen. Aber auch die Österreicher haben zunehmend das Gefühl, nicht mehr offen ihre Meinung sagen zu können, wenn sie nicht auf die soziale Außenseiterbank gesetzt werden oder gar Probleme mit der Polizei haben wollen.
- So gefallen sich linke ORF-Moderatoren darin, immer öfter Poster in Sozialen Medien wegen ihrer drastisch formulierten Meinungen anzuzeigen.
- So fordern SPÖ-Politiker immer größere "Schutzzonen" rund um Abtreibungskliniken, damit Lebensschützer nicht einmal mehr still ihre Plakate hochhalten dürfen.
- So hatte die "Erste Bank" dem "Identitären"-Chef Martin Sellner das Konto gestrichen, nur weil dieser halt rechte Ansichten und nicht die linken der einst bürgerlichen Bank vertritt.
- So wird der deutsche Kommentator Julian Reichelt von der Staatsanwaltschaft wegen "Volksverhetzung" verfolgt, weil er die "Unterwanderung der Polizei" kritisiert und davor gewarnt hat, dass in zehn Jahren die Polizei arabisch dominiert sein wird, nachdem zwei Polizisten mit islamischem Migrationshintergrund bei Drogengeschäften erwischt worden sind.
- So ermitteln in Nordrhein-Westfalen die Behörden allen Ernstes nur deshalb gegen unbekannte Täter, weil diese mehrere Deutschland-Fahnen aufgehängt haben.
- So ist es in Deutschland allen Ernstes zu einer Hausdurchsuchung – also dem Einsatz einer besonders aggressiven Behördenwaffe, die eigentlich nur für schwere Verbrechen gedacht ist, – beim renommierten Wissenschaftler Norbert Bolz gekommen. Einziger Grund: Bolz hatte einen ironischen Satz als Kritik auf einen Artikel der linksradikalen "taz" (der die Überschrift: "Deutschland erwacht" hatte) formuliert: "Gute Übersetzung von ,woke‘: Deutschland erwache!" (das war eine von den Nazis verwendete Parole). Während auch viele anständige Linke Solidarität mit Bolz äußerten, fand der CDU-Ministerpräsident Kretschmer (Sachsen) das Vorgehen der Behörden richtig: "Naziparolen dürfen wir nicht dulden".
- So sind alleine im deutschen Bundesland Hessen bei einer regierungsoffiziellen Meldestelle 15.000 Hinweise auf ähnliche "Verbrechen" eingegangen.
- So ist aus einer Gesellschaft der Demokraten eine Gesellschaft der Denunzianten geworden.
Im Grund haben es kluge Menschen freilich schon lange prophezeit: Der nächste Faschismus wird als angeblicher Antifaschismus auftreten.
Genauso schlimm wie das geradezu totalitäre Abdrehen von Meinungen, die der herrschenden Political Correctness widersprechen, und wie das Unterlassen einer sachlichen offenen Diskussion über die polarisierenden Fragen ist es, dass die deutsche und österreichische Politik nicht dort, wo es einen klaren Bevölkerungswillen gibt und wo dieser auch keinerlei schädliche Langfristwirkung hätte (wie das eindeutig bei einer noch weitergehenden Umverteilung der Fall wäre), nicht klar diesem Bevölkerungswillen folgt – oder tatenlos bleibt, wenn ideologisch radikalisierte oder weltfremde Richter der ganzen Gesellschaft ihre eigene Meinung aufzwingen wollen, wie sie es insbesondere in der Migrationsfrage tun.
PS: So interessant die Midem-Studie auch ist, so fällt doch auf, dass auch sie zwei besonders brennenden Themen ausgewichen ist: Das ist das Thema Islamisierung, also der Ausbreitung einer vielfach totalitären Eroberungsideologie, die sich als Religion tarnt (als Folge der bereits erfolgten Massenzuwanderung) und das Thema Generationenkonflikt (als Folge des zu niedrigen Pensionsantrittsalters, der seit einem halben Jahrhundert zu geringen Geburtenrate und der gleichzeitig stark gestiegenen Lebenserwartung).
