Warning: Illegal string offset 'portraitimage' in /var/www/lweb50/htdocs/science-blog.at/conf.php on line 67
Der endgültige Absturz eines ORF-Chefs

Der endgültige Absturz eines ORF-Chefs

Wenn man keine eigenen Ideen hat, dann klaut man einfach Ideen eines Vorgängers. Das ist in vielen Fällen gar nicht so schlecht. Das wird aber peinlich, wenn man das Imitierte als eigene Idee ausgibt – und wenn dann die Imitation katastrophal schlecht wird. Aber zugegeben: Was soll ein (hoffentlich) besserer Buchhalter sonst auch machen, wenn er plötzlich zum obersten Chef des (dank gesetzlich garantierter Zwangsgebühren) größten österreichischen Medienunternehmens wird?

Zwei theoretisch die Nachkriegszeit widerspiegelnde Folgen von "Österreich – Die ganze Geschichte" machen endgültig klar, dass die in der damaligen Koalition ausgehandelte Festlegung auf Roland Weißmann als ORF-Generaldirektor zu den allerschlechtesten Entscheidungen des Sebastian Kurz gehört hat. Das bestätigt auch, dass Kurz bei all seinen charismatischen Fähigkeiten und seiner politischen Konzentration auf einige wesentliche Punkte, keinerlei Gespür in Personalauswahl gehabt hat. Was sich ja auch sonst mehrfach, etwa bei der Ministerauswahl, gezeigt hatte.

Jede Sekunde muss man bei der televisionären Umsetzung der "Idee" des Roland Weißmann voller Sehnsucht an die großartigen Werke Österreich I und Österreich II des Hugo Portisch denken, die einst nach einer damals wirklich eigenständigen Idee des Gerd Bacher entstanden sind, die man auch beim zehnten Mal mit Begeisterung anschaut.

Daran ändert auch der skurrile Trick nichts, dass die von Weißmann beauftragten Macher Hugo Portisch als Nachkriegs-Journalisten immer wieder durch einen Schauspieler verkörpert auftreten lassen, offenbar um den Eindruck zu erwecken, dass das eh kein Gegenprojekt zu Portischs Österreich I und II sein soll. Die Portisch-Imitation erweckte aber primär den Eindruck der Leichenfledderei. Dabei überging man – natürlich – die große Fehlleistung des sonst zweifellos großartigen Portisch, als dieser monatelang bis zum August 1968 den Österreichern als ORF-Reporter versichert hatte, dass die Russen nicht in die Tschechoslowakei einmarschieren würden (was, nebenbei vermerkt, auch an spätere "Propheten" erinnert, die immer wieder erklärt haben, dass die Russen nicht in der Ukraine einmarschieren werden, und die jetztigen Propheten, die immer wieder versichern, dass von den Russen keine Gefahr ausgehe, weil sie doch so friedliebend seien).

Das Weißmann-Projekt hat außer katastrophalen inhaltlichen Fehlern und Einseitigkeiten vier eigenständige Elemente, die aber allesamt extrem problematisch sind:

  1. Man lässt Schauspieler die Rollen von Persönlichkeiten der Geschichte nachspielen – was kindisch wirkt, und was ein Portisch nie gemacht hätte.
  2. Die zeitgeschichtlichen Folgen der Weißmann-Serie erweckten über weite Strecken den Eindruck, als wären sie in der SPÖ-Propagandaabteilung erstellt worden. Dort arbeitet man ja schon lange (und derzeit besonders intensiv, wohl um von der tristen Gegenwart der Babler-Partei abzulenken) zusammen mit dem von strammen Linken kontrollierten Zeitgeschichte-Institut der Uni Wien an einer parteifrommen Umschreibung der Geschichte der letzten hundert Jahre. Was zugegeben noch jede undemokratische Bewegung versucht hat.
  3. Inhaltlich wird intensiv die linke Mär von der verbrecherischen Verdrängung der Nazi-Zeit verbreitet und völlig verschwiegen, dass unter klarer Führung des ersten Nachkriegsbundeskanzlers – der sogar noch im letzten Kriegsmoment in der Todeszelle des NS-Regimes gesessen ist! – zu Recht ganz anderes im Vordergrund gestanden ist: nämlich erstens die Versöhnung in der durch die Nazi-Zeit tief gespaltenen österreichischen Bevölkerung; zweitens die Versöhnung von Schwarz und Rot, die einander noch wenige Jahre davor in einem Bürgerkrieg gegenübergestanden waren; drittens der Wiederaufbau des 1945 noch ärmsten Landes Europas; viertens der Abzug der rasch zur nationalen Qual gewordenen Besatzung durch die russische Armee (während die übrigen Alliierten ja kaum ein Problem darstellten); fünftens die Gefahr, dass ein kommunistischer Putsch wie in vielen Nachbarländern gelingen könnte; sechstens die Heimholung der zum Teil zehn Jahre lang in Sibirien festgehaltenen Kriegsgefangenen; und siebentens der Ruf nach Freiheit für Südtirol (der trotz der anderen Nöte schon Thema der allerersten Nationalratssitzung gewesen ist). Nichts dieser zentralen politischen Elemente der ersten Nachkriegszeit kam aber vor. Sie alle wurden durch den linken Verdrängungsmythos verdrängt.
  4. Und für die Zeit nach 1955 wird intensiv der von der SPÖ (die ja ursprünglich sehr skeptisch zur Neutralitätserklärung gewesen ist) seit Kreisky gehegte Neutralitätsmythos gepflegt.

Es wird überhaupt der Eindruck erweckt, dass praktisch nur Sozialisten die Geschichte Österreichs geprägt haben. Die in Wahrheit im ersten Vierteljahrhundert nach dem Krieg entscheidenden ÖVP-Kanzler Figl, Raab und Klaus kamen praktisch gar nicht oder nur kurz und dann negativ ins Bild.

Einige weitere Übelkeit erregende Schlaglichter aus dem teuren Machwerk:

  • So wird der Tochter des SPÖ-Bundespräsidenten Adolf Schärf weit mehr Sendezeit gewidmet als all diesen drei schwarzen Regierungschefs der behandelten Zeit zusammen, sodass jeder ahnungslose Zuseher sie für politisch weit wichtiger halten musste als diese.
  • So wird der spätere Außenminister der SPÖ-Alleinregierung und Bundespräsident Rudolf Kirchschläger nachträglich zur wichtigsten Figur der österreichischen Politik während des Ungarn-Aufstandes 1956 hochgezwirbelt (nur weil er als Jungdiplomat damals einen Entwurf zu einer Stellungnahme des Außenministeriums zu schreiben hatte).
  • So wird behauptet, dass Otto Habsburg nach Österreich einreisen durfte, weil er eine Erklärung auf den Thronverzicht abgab, obwohl er in Wahrheit diese Erklärung lange vorher abgegeben hatte, die SPÖ ihn aber dennoch nicht einreisen lassen wollte und erst die ÖVP-Alleinregierung unter Klaus dies möglich machte.
  • So wird gar der Eindruck erweckt, als hätte Bruno Kreisky Gottesdienste(!) gegen das kommunistische Weltjugendtreffen in Wien veranstaltet.
  • So wird die EU allen Ernstes als "internationales Bündnis" bezeichnet.
  • So wird im Zuge der Neutralitätsmythologisierung Kreisky zwar an der Seite des palästinensischen Terrorführers Arafat gezeigt, aber der massive Konflikt mit Israel und den USA, wo Kreiskys Politik tiefe Abneigung gegen Österreich entstehen hat lassen, wird mit keinem Wort erwähnt.
  • So wird Kreisky als großer Freund Südtirols dargestellt, aber mit keinem Wort wird erwähnt, dass es vor allem die Herren Waldheim und Klaus der ÖVP-Alleinregierung, aber auch die Tiroler Landeshauptleute Wallnöfer und Magnago (sowie ihre italienischen Gegenüber) gewesen sind, denen 1969 der Abschluss des bis heute haltenden Südtirol-Pakets zu danken ist.

Diese und viele andere Details machen es wirklich zu einer Schande, dafür jede Menge Zwangsgebühren auszugeben, die Serie unter den Titel "Die ganze Geschichte" zu stellen und damit auch unterschwellig auf die Portisch heruntermachende Phrase "Die wahre Geschichte" anzuspielen. Dabei ist die Serie für das 20. Jahrhundert maximal eine filmisch verunglückte Sammlung von skurrilen Fußnoten zur Zeitgeschichte unter dem Sammeltitel: "Wie die SPÖ die Geschichte gerne umgeschrieben hätte."