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Verwaltungsreform: zwei Schrittchen vor, zwei zurück

Verwaltungsreform: zwei Schrittchen vor, zwei zurück

Es ist absolut abenteuerlich: Fast gleichzeitig, da die Regierung ein monatelang bebrütetes Deregulierungspaket mit etlichen kleinen Reformen vorlegt und sich dafür viel Beifall erwartet, knallt sie ein Paket auf den Tisch, dass manche Unternehmen mehr bürokratisch belasten dürfte, als sie durch das Deregulierungspaket entlastet werden. An der Absurdität dieser Gleichzeitigkeit und an dem in Bälde erwartbaren Zorn der betroffenen Unternehmer ändert die Tatsache gar nichts, dass das Belastungs-Paket auf eine Richtlinie der EU zurückgeht. Es ist jedenfalls nicht bekannt, dass sich ein österreichischer Minister oder EU-Abgeordneter sonderlich gegen dieses Paket eingesetzt hätte.

Die Richtlinie verrät schon in ihrem Titel den Unsinn, den sie mit sich bringt: "Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung". Das schlechte Gewissen der Regierung sieht man auch daran, dass das Gesetz zur Umsetzung dieser Richtlinie eigentlich schon vor 16 Monaten erfolgen hätte müssen.

Große Unternehmen von öffentlichem Interesse (was auch immer die sind, wenn nicht alle) haben zukünftig in einem Lagebericht Informationen über die wichtigsten immateriellen Ressourcen, von denen das Geschäftsmodell des Unternehmens grundlegend abhängt (was auch immer die sind), und die eine Wertschöpfungsquelle für das Unternehmen darstellen, zu veröffentlichen und die Abhängigkeit zu erläutern (als ob nicht jedes Unternehmen von all seinen Ressourcen abhängig wäre).

Bisher hat mir niemand verraten können, wozu die ganze "Nachhaltigkeitsberichterstattung" überhaupt gut sein soll, außer um Betriebsspionage zu erleichtern, um buchhalterische Arbeitsplätze zu vermehren und die Betriebe mit sinnlosen bürokratischen Kosten zu belasten.

Daneben sind in der Vorlage eine Fülle bürokratischer Neuregelungen, die man zum Teil zwar auch als Vereinfachungen ansehen kann, enthalten. In der Summe wird mit diesem Gesetz aber jedenfalls gewaltiger Änderungsbedarf ausgelöst, da es ja auch vorher schon andere ähnliche Regelungen gegeben hat.

Daneben verblasst fast das "Entbürokratisierungspaket", das unter Federführung des pinken Staatssekretärs Schellhorn mit 113 Maßnahmen erstellt worden ist, das jetzt zu Gesetzen werden soll. Das aber in etlichen Punkten noch deutlichen Konkretisierungsbedarf hat.

Sicher erfreulich (außer für die Kfz-Branche) sind die Verlängerungen der Fristen bis zur Fälligkeit der Erneuerung eine Kfz-Pickerls. Auch das Entfallen der Genehmigungspflicht für Photovoltaikanlagen ist sinnvoll. Da hat die Politik einst jeweils vor technischen Gefahren warnen wollen, die es aber de facto nicht (mehr) gibt. Sinnvoll ist sicher auch die Beschleunigung der Verfahren bei der Umweltverträglichkeitsprüfung. Dadurch wird vor allem grünen NGOs ein wenig die Möglichkeit genommen, Großprojekte zu boykottieren oder zu verzögern.

In vielen Punkten müssen aber erst recht jetzt Expertengruppen eingesetzt werden, die Details einer vereinfachten Lohnverrechnung oder Arbeitnehmerveranlagung noch ausarbeiten sollen. Eigentlich hätte man sich schon erwartet, dass diese Details in den elf Monaten bereits ausgearbeitet worden wären, in denen das Staatssekretariat an der Arbeit über dieses erste Paket seines Leistungsnachweises gewesen ist.

Manche Deregulierungen müssen freilich eher mit der Lupe gesucht werden, wie die Einführung eines digitalen Gästeblattes oder die Möglichkeit, Dokumente, die bereits digital signiert sind, auch digital beglaubigen zu lassen. Auch können Lebensbestätigungen oder Passauskünfte im Ausland künftig digital erledigt werden. Ferner will der Gesetzgeber endlich auch Selbstverständlichkeiten rechtlich zur Kenntnis nehmen: etwa dass bei einer Reisepass-Ausstellung elektronisch vorhandene Urkunden nicht mehr zusätzlich in Papierform vorgelegt werden müssen.

Klingt alles lieb und sinnvoll. Aber nichts klingt danach, dass sich die Republik dadurch auch nur einen einzigen Beamten einsparen kann. Oder dass die Wirtschaft wirklich eine Erleichterung spürt und wieder zu wachsen beginnen kann.