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Wie böse sind die USA?

Wie böse sind die USA?

Weltpolizist unterwegs: Amerika droht, die Ukraine hängen zu lassen, greift Venezuela an und bombardiert Rebellenstellungen im Norden Nigerias. Das klingt alles ziemlich schlimm und verwirrend. Das ist aber in Wahrheit sehr ambivalent zu bewerten.

Denn sowohl für die militärischen Aktionen der USA in Venezuela wie auch für jene in Nigeria muss man deutlich mehr als klammheimliche Sympathie empfinden – auch wenn die Attacken gegen Venezuela formal dem Völkerrecht widersprechen. Aber das Völkerrecht ist wirklich nur ein Formalrecht (noch dazu ohne Durchsetzungskraft). Es bewertet im Grund jeden Staat völlig gleich, egal ob dieser eine totalitäre Diktatur, eine Halbdiktatur oder eine rechtsstaatlich voll entwickelte Demokratie ist. Solange ein Staat nichts gegen andere Staaten unternimmt, solange ist er sakrosankt, solange darf nichts gegen ihn unternommen werden.

Eine solche Regelung aber als Recht zu bezeichnen, ist ziemlich absurd. Kaum ein Staat beweist das klarer als Venezuela, seit der Sozialist Chavez 1999 an die Macht gekommen ist. Seither gibt es dort keine freien Wahlen mehr, seither herrscht eine Einparteiendiktatur, seither werden Wahlen manipuliert, seither werden Kritiker und Oppositionelle verfolgt und eingesperrt, seither sind fast acht(!) Millionen Venezolaner ins Ausland geflüchtet.

Das ist zusammen mit dem Sudan und der Ukraine die größte Flüchtlingsbewegung irgendwo auf dem Globus in den letzten Jahrzehnten. Über sie wird von den linken Medien allerdings praktisch überhaupt nichts berichtet. Sie wollen damit wohl auch verdrängen, dass seit der Völkerwanderung der Kommunismus die größte Ursache für Fluchtbewegungen gewesen ist. Sie können sich auch nicht darauf berufen, dass sie Südamerika als fernen Kontinent behandeln, haben sie doch jede Skurrilität des Brasilianers Bolsonaro überdramatisiert, war doch Pinochet für sie der Inbegriff des Teufels, obwohl vor ihm weit weniger Menschen geflohen sind. Ich kann mich jedenfalls in all den Jahren an keinen einzigen kritischen ORF-Beitrag zu Venezuela erinnern, während der Sudan zumindest bisweilen ein Thema ist und die Ukraine das (durchaus zu Recht) sehr häufig ist.

Während in der Ukraine und im Sudan die Flüchtlinge meist irgendwo im eigenen Staatsgebiet Unterschlupf gesucht haben, sind die Venezolaner alle in andere Staaten geflüchtet. Und das ist nun in der Wirkung ziemlich verwandt mit einem militärischen Einmarsch. Die Massenflucht ist in den betroffenen Staaten auch auf alles andere als Gegenliebe der dortigen Bevölkerung gestoßen.

Diese acht Millionen sind daher keineswegs die einzigen, die sich sogar herzlich freuen würden, wenn die Aggression Donald Trumps gegen Venezuela zu einem Sturz des Chavez-Nachfolgers Maduro führen würde. Zu den Jublern würde auch Maria Corina Machado gehören, die vor wenigen Wochen pikanterweise den von Trump selber so begehrten Friedensnobelpreis errungen hat. Machado, die von Maduro nur durch Gewalt und Betrug an einem Wahlsieg gehindert worden war, hat Trump in den letzten Wochen mehrmals sogar ausdrücklich gelobt.

Es ist durchaus möglich, dass genau seine eigene Friedensnobelpreis-Spekulation im Kopf Trumps kursiert ist, als er die Anordnung gegeben hatte, Venezuelas Regime in den Würgegriff zu nehmen. Seine Überlegung: Wenn er das tut, was die aktuelle Friedenspreisträgerin unterstützt, wenn es ihm gelingen sollte, ohne großes Blutvergießen den Bürgern eines wichtigen Landes des Kontinents die Freiheit zu verschaffen, wenn er acht Millionen Flüchtlingen die ersehnte Heimkehr ermöglicht, dann kann ihm doch der Preis nicht zu nehmen sein.

Nun, diese Überlegung wird sich gewiss nicht realisieren; selbst Churchill, an dem Hitler gescheitert ist, ist bewusst nicht der Friedensnobepreis verliehen worden, weil er ja Krieg geführt hat, sondern der für Literatur. Aber dennoch hat man große Sympathien für den Versuch, einen illegitimen Gewaltherrscher zu stürzen (auch wenn die von US-Verteidigungsminister Hegseth angeordnete Erschießung in Seenot befindlicher venezolanischer Matrosen ein ganz schlimmes Verbrechen bleibt, das Hegseth aber auch im eigenen Land nun zunehmend Probleme bereitet). Die Aktionen der USA gegen Venezuela decken sich auch auffallend mit der gleichzeitig öffentlich gewordenen neuen Sicherheitsdoktrin der USA, in dem die westliche "Hemisphäre" als zentraler Einflussbereich der USA hingestellt wird. Darunter verstehen die USA den ganzen amerikanischen Kontinent, während sie sich laut dieser Doktrin für den Rest der Welt künftig nicht mehr sonderlich zu  interessieren haben.

Ein glatter Widerspruch zu dieser Doktrin ist daher eigentlich die fast gleichzeitig erfolgte Bombardierung islamistischer Rebellenstellungen im Norden Nigerias, also in Afrika. In der völkerrechtlichen Beurteilung schauen diese Angriffe anders aus als in Venezuela. Denn die USA haben die ausdrückliche Zustimmung der nigerianischen Regierung zu ihren Attacken auf die Rebellen bekommen.

Was moralisch noch viel schwerer wiegt: Die seit Jahren andauernden Angriffe der islamistischen – teilweise auch rein kriminell motivierten – Rebellen auf christliche Dörfer, Kirchen und Schulen im Norden Nigerias haben zunehmend eine Dimension bekommen, die man nur noch als Genozid und Sklavenjagd bezeichnen kann. Zwar haben die westlichen Medien die Hilfe- und Solidaritätsappelle des Papstes zugunsten der Millionen Christen Nigerias (deren Zahl würde binnen weniger Jahre ohne die Vertreibung und Dezimierung durch die Muslime 150 Millionen ausmachen!) nicht ernst genommen: Für Linke können Christen ja nie die Guten und Moslems ja nie die Bösen sein.

Aber Trump hat die Appelle ganz offensichtlich ernst genommen und vor allem gehandelt – während im woken EU-Europa einzig Schwulenehe, Trans-Propaganda und täglicher Geschlechtswechsel interessieren. Und während sich dort niemand darum schert, dass die renommierte "International Crisis Group" schon vor mehr als zwei Jahren geschätzt hat, dass bis zu 350.000 Menschen direkt durch den Konflikt getötet und Millionen vertrieben worden sind. Dazu kommen die Tausenden christlichen Mädchen, die als Sexsklavinnen entführt worden sind. Das interessiert übrigens auch die westlichen Linksfeministinnen nicht, obwohl sie im ORF offenbar der wirkmächtigste Bestandteil der Nachrichtenredaktionen geworden sind.

Selbst wenn die Person Trump total unsympathisch ist, selbst wenn seine Wirtschaftspolitik sich mit Sicherheit schädlich auswirkt, so schlägt doch sowohl in Hinblick auf Venezuela wie auf Nigeria das Herz ganz auf seiner Seite. Und man kann nur hoffen, dass er auch Erfolg hat (selbst wenn er damit eigentlich die amerikanische Verfassung verletzt, weil er für diese kriegerischen Aktionen die Zustimmung des Kongresses bräuchte). Immerhin war es auch die dankenswerte amerikanische Militärintervention, die zur Niederlage des "Islamischen Staates" in Syrien und im Irak geführt hat, die dort den Kurden das Überleben ermöglicht.

Ganz anders ist das bei seiner Ukraine-Politik:

  • Da ist es dem Aggressor Wladimir Putin gelungen, in Trump die Gier auf gute Geschäfte mit Russland wachzurufen.
  • Da setzt Trump den ukrainischen Präsidenten Selenskyj massiv unter Druck, die Forderungen des Aggressors zu erfüllen.
  • Da ignoriert Trump, dass Putin weit mehr ukrainisches Territorium haben will, als ihm in einem vierjährigen Krieg zu erobern gelungen ist.
  • Da ignoriert Trump, dass Putin insbesondere den am stärksten ausgebauten ukrainischen Festungsgürtel kampflos bekommen will.
  • Da ignoriert Trump – während er in Venezuela dem Wunsch der dortigen Bevölkerungsmehrheit nachkommt – den ganz eindeutig antirussischen Konsens der ukrainischen Bevölkerung (zu dem auch eindeutig die russisch sprechenden Ukrainer gehören, von denen niemand vor der von der russischen Propaganda erfundenen ukrainischen Unterdrückung nach Russland geflüchtet ist, die genauswenig den Anschluss an Russland wollen, wie die Österreicher den an Deutschland – obwohl sie ja auch die gleiche Sprache sprechen ...).
  • Und da begreift Trump nicht, dass die von Russland verlangten Friedensbedingungen ganz eindeutig auf eine so starke militärische Schwächung der Ukraine hinauslaufen, dass Putin in wenigen Jahren den Rest des Landes ziemlich kampflos einstreifen kann (was verblüffend dem Schicksal der Tschechoslowakei ähnelt, die 1938 unter dem Druck der naiv auf Frieden hoffenden Briten einen Teil ihres Landes an Hitler abtreten musste und sich dann nicht mehr verteidigen konnte, als auch der Rest verlangt worden ist).

Im Gegensatz zu den nigerianischen Bombardements entspricht Trumps Haltung zur Ukraine – bei allen erratischen Zacken – aber ganz der neuen US-Sicherheitsdoktrin, dass man sich künftig nur noch auf den amerikanischen Kontinent konzentrieren wolle.

Diese Doktrin hat von Asien bis Europa die berechtigte Angst ausgelöst, dass die USA sie künftig den Chinesen beziehungsweise Russen überlassen, um nicht zu sagen ausliefern, dass Trump alle vertraglich (etwa im Nato-Vertrag) eingegangen Verpflichtungen beiseiteschiebt, dass er Europa den 80 Jahre lang gratis konsumierten US-Schutz entzieht.

Das ist, das wäre ganz eindeutig die Stunde Europas, das für seine Region den Anspruch erheben und glaubwürdig machen sollte, dass es ebenso als Weltmacht wie die anderen drei Großen agieren will, kann und muss. Immerhin ist Europa wirtschaftlich weit stärker als Russland. Immerhin hat die EU weit mehr Einwohner als Russland oder die USA, und zusammen mit dem verbündeten Großbritannien erst recht.

Insbesondere in der Ukraine muss, müsste Europa daher zeigen, dass auch der alte Kontinent seine Einflusssphären zu schützen imstande ist, dass es auch ohne US-Hilfe auf dem eigenen Kontinent eine relevante Macht ist. Dabei hat Europa den Vorteil, dass die Ukraine selbst zu kämpfen bereit ist, und nur logistische und finanzielle Unterstützung braucht.

Wenn Europa das nicht schafft, dann gehörte der alte Kontinent wirklich ins Greisenasyl abgeschoben.