
Das Budget 2025/2026: Unzureichend und nicht nachhaltig
Für das Hayek-Institut durfte ich den Budgetentwurf der Bundesregierung sowie die begleitenden Dokumente einer fundamentalen ökonomischen Analyse unterziehen. Mein Ziel war es, die Weichenstellungen nicht nur darzustellen, sondern sie kritisch hinsichtlich ihrer Konsequenzen für individuelle Freiheit, marktwirtschaftliche Prozesse, Kapitalbildung und langfristigen Wohlstand zu bewerten. Trotz der von offizieller Seite betonten Notwendigkeit zur Konsolidierung der Staatsfinanzen werfen die vorgeschlagenen Maßnahmen und die zugrundeliegende Philosophie erhebliche Bedenken auf.
Die Lage der Staatsfinanzen ist prekär, mit einem prognostizierten Maastricht-Defizit von 4,7 Prozent des BIP für 2024 und einer Schuldenquote von 81,8 Prozent. Diese Situation ist eine direkte Folge vorangegangener expansiver Fiskal- und Geldpolitik. Die geplanten Staatsausgaben sind exzessiv; die Ausgabenquote soll heuer 56,8 Prozent des BIP erreichen. Eine derart hohe Quote impliziert einen massiven Umverteilungs- und Interventionsapparat, der Ressourcen dem produktiven Privatsektor entzieht und Fehlallokationen systemimmanent macht. Die größten Ausgabenblöcke wie Pensionen (32,9 Mrd. Euro 2025) sowie allgemein der Bereich Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie (60,9 Mrd. Euro 2025) verdeutlichen die umfassende Rolle des Staates als Umverteilungsinstanz.
Die angekündigten "Sanierungsbemühungen" sind unzureichend und nicht nachhaltig, da sie keine fundamentale Reduktion der Staatsaufgaben vorsehen. Die Schuldenquote soll 2028 noch höher bei bedenklichen 87,0 Prozent des BIP liegen. Die Rhetorik, durch Sanierung "Spielräume für fortschrittliche Investitionen" des Staates schaffen zu wollen, ist ein Beispiel für staatszentriertes Denken, das die Rolle privater Initiative verkennt.
Einnahmenpolitik: Zwang und die Erosion der Kapitalbildung
Als Hayek-Institut verstehen wir staatliche Einnahmen grundsätzlich als fundamentalen Eingriff in individuelle Freiheits- und Eigentumsrechte. Die geplante Einnahmenquote von 52,2 Prozent des BIP (2025) und eine Abgabenquote von 45,3 Prozent des BIP sind Ausdruck einer massiven staatlichen Dominanz über erwirtschaftete Ressourcen, was Leistungsanreize reduziert und Kapitalbildung behindert.
Die geplanten Steuermaßnahmen, wie die Bankenabgabe oder der Energiekrisenbeitrag, basieren auf der problematischen Besteuerung von "Zufallsgewinnen", führen zu Willkür und Rechtsunsicherheit und fehlallokieren Kapital. Auch diverse Verbrauchssteuererhöhungen stellen einen Eingriff in die Konsumfreiheit dar und haben zudem oft einen regressiven Charakter. Änderungen bei der Grunderwerbsteuer ("Share Deals") und die Einführung einer Umwidmungsabgabe verteuern Transaktionen und greifen in Eigentumsrechte ein. Die höhere Besteuerung von Stiftungen mindert deren Attraktivität und schadet der langfristigen Kapitalbildung. Die Verlängerung des Spitzensteuersatzes ist besonders leistungsfeindlich, und das teilweise Aussetzen der Inflationsanpassung bei der kalten Progression ist eine verdeckte Steuererhöhung und ein Akt fiskalischer Täuschung. Die "Offensive" gegen Steuerbetrug und -vermeidung birgt die Gefahr übermäßiger Überwachung und einer Aushöhlung der Privatsphäre.
Interventionismus und Subventionen: Marktverzerrung als Programm
Staatlicher Interventionismus führt per se zu Marktverzerrungen und Fehlallokationen. Leider ist der Budgetentwurf von einer solchen interventionistischen Grundhaltung geprägt. Preisregulierungen wie die Mietpreisbremse führen zu Angebotsverknappung und Qualitätsverfall. Trotz Kürzungen bei einigen Förderungen bleiben diese eine riesiges Problem und sorgen für Wettbewerbsverzerrung und Ressourcenfehlleitung. Die angekündigte "Task Force" zur Überprüfung von Förderungen erscheint angesichts ihres Ziels, Förderungen "besser" zu gestalten statt abzuschaffen, und des marginalen Einsparvolumens als wenig sinn- und wirkungsvoll. Die "Offensivmaßnahmen" für Standort, Arbeitsmarkt und Bildung sind nichts weiter als eine Anmaßung von Wissen, auf deren Grundlage Ressourcen dem Privatsektor entzogen werden.
Geldpolitik und Konjunkturzyklus: Die Wurzeln der Misere
Die budgetäre Notlage ist untrennbar mit der vorangegangenen und aktuellen Geldpolitik verbunden. Die ultra-expansive Geldpolitik der EZB (Niedrigstzinsen, Anleihekäufe) hat zu Fehlallokationen von Kapital und einem künstlichen Boom geführt, dessen unvermeidliche Korrektur sich in Inflation und Rezessionsdruck manifestiert. Die rezente Krise mit hoher Inflation und Schrumpfung der Wirtschaftsleistung deckt sich mit den Theorien der Konjunkturzyklustheorie der österreichischen Schule.
Die EZB hat jahrelang Zinsen unterdrückt, die Geldmenge massiv ausgeweitet und verspätet auf die Inflation reagiert, teils wohl aus politischen Motiven. Diese Geldpolitik hat die unsolide Fiskalpolitik vieler Staaten, auch Österreichs, erst ermöglicht oder erleichtert.
Strukturreformen: Kosmetik statt fundamentaler Wandel
Die angekündigten Strukturreformen sind oft nur graduelle Anpassungen innerhalb bestehender, fundamental problematischer staatlicher Systeme.
- Pensionen: Die Maßnahmen wie die Anhebung des Antrittsalters für die Korridorpension oder die Einführung einer Teilpension ändern nichts am Festhalten am demografieanfälligen Umlageverfahren. Ein echter Systemwandel hin zu kapitalgedeckter, individueller Vorsorge fehlt.
- Gesundheit: Die Reformen zielen auf Optimierung innerhalb des staatlich dominierten Systems ab, anstatt Wettbewerb und Preissignale zu stärken.
- Bildung: Die Maßnahmen, wie ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, weiten staatliche Strukturen aus, statt Wahlfreiheit und Wettbewerb zu ermöglichen.
- Bildungskarenz/Weiterbildungszeit: Die neue "Weiterbildungszeit" ist ein weiterer staatlicher Versuch, Qualifikationsprozesse zu steuern, basierend auf einer Anmaßung von Wissen.
Insgesamt fehlt es an tiefgreifenden Reformen; es wird fälschlicherweise davon ausgegangen, dass zaghafte Anpassungen ausreichen.
Die Rolle des Staates und die Erosion individueller Freiheit: Ein Grundproblem
Der Budgetentwurf widerspricht dem Ideal eines schlanken Staates, der sich auf Kernfunktionen wie den Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum fokussiert. Das Subsidiaritätsprinzip wird systematisch verletzt, indem der Zentralstaat Aufgaben an sich zieht, die besser von untergeordneten Ebenen oder Individuen erfüllt werden könnten. Die hohe Steuerlast, zahlreiche Regulierungen und die wachsende Abhängigkeit vom Staat führen zu einer schleichenden Erosion individueller wirtschaftlicher Freiheit. Die Rhetorik der "Zusammenarbeit" und des "Gemeinsamen" verschleiert oft Interessenskonflikte und den Zwangscharakter staatlicher Maßnahmen.
Das Verständnis von Wirtschaft und Wohlstand: Fehlgeleitete Annahmen
Das Budget offenbart ein Verständnis von Wohlstand, das von einer an individueller Freiheit und subjektiven Werturteilen orientierten Definition abweicht. Echter Wohlstand basiert auf der Fähigkeit von Individuen, ihre subjektiven Ziele zu erreichen, was einen dynamischen Marktprozess voraussetzt, nicht auf makroökonomischen Aggregatgrößen wie dem BIP, das staatliche Ausgaben undifferenziert als wertsteigernd erfasst.
Das Budget zeigt eine problematische nachfrageorientierte Sichtweise und vernachlässigt die Angebotsseite sowie die entscheidende Rolle des Sparens für die Kapitalbildung. Die Rolle des Unternehmers als Entdecker von Marktchancen und Motor des Marktprozesses wird massiv unterbewertet; stattdessen schränkt der Budgetentwurf unternehmerische Freiheit durch hohe Steuern, Bürokratie und Interventionen ein. Staatliche "Produktivitätsstrategien" sind ein Widerspruch in sich, da Produktivität aus unternehmerischer Initiative im Wettbewerb entsteht.
Verteilungsgerechtigkeit: Ein problematischer Fokus
Die Betonung einer "gerechten Verteilung" der Sanierungslasten ist irreführend. Als Hayek-Institut plädieren wir für Verfahrensgerechtigkeit (gleiche Regeln für alle, Schutz von Eigentum und Vertragsfreiheit) statt einer staatlich dekretierten Ergebnisgerechtigkeit, die unweigerlich zu Willkür und Freiheitseinschränkungen führt. Die Verteilungsdebatte lenkt davon ab, dass der Staat selbst durch seine Ausgaben- und Interventionspolitik die Probleme verursacht. Viele Maßnahmen im Namen der Gerechtigkeit, wie hohe progressive Steuern oder Preisregulierungen, verletzen Eigentumsrechte und Vertragsfreiheit. Staatliche Wohlfahrtsprogramme zur Armutsbekämpfung schaffen oft Abhängigkeiten und sind ineffizient.
Sprache und Rhetorik im Budget: Verschleierung statt Klarheit
Die Sprache in den Budgetdokumenten dient oft der Überzeugung, Legitimierung und Verschleierung. Dominante Narrative stellen den Staat als wohlwollenden Problemlöser und Schöpfer von Wohlstand dar (z.B. "Spielräume schaffen", "Impulse setzen"), beschwören Gemeinschaft zur Legitimierung von Zwang ("gemeinsame Kraftanstrengung") und verniedlichen staatliche Eingriffe ("Sanierungsbeitrag" statt Steuererhöhung). Eine Rhetorik der Alternativlosigkeit soll Kritik entkräften.
Schlussfolgerung unserer kritischen Analyse
Zusammenfassend offenbart die Analyse des Doppelbudgets 2025/2026 eine Wirtschaftspolitik, die tief im interventionistischen Denken verhaftet bleibt und die grundlegenden Prinzipien einer freien Marktwirtschaft und individueller Freiheit missachtet. Die Staatsausgaben und -verschuldung bleiben exzessiv hoch und die Sanierungsbemühungen unzureichend. Die Einnahmenpolitik setzt auf leistungsfeindliche Maßnahmen, die Kapitalbildung behindern. Interventionismus und Subventionen verzerren den Wettbewerb und führen zu Fehlallokationen. Die budgetäre Notlage ist wesentlich eine Folge verfehlter Geldpolitik. Die sogenannten Strukturreformen sind nur graduelle Anpassungen. Das Budget spiegelt ein überbordendes Staatsverständnis wider, das individuelle Freiheit erodiert und auf einem fehlgeleiteten Verständnis von Wohlstand und Wirtschaft basiert. Der Fokus auf Ergebnisgerechtigkeit verschlimmert viele der Probleme, und die verwendete Sprache dient oft der Legitimierung staatlicher Eingriffe. Der eingeschlagene Kurs ist nicht geeignet, die grundlegenden Probleme Österreichs zu lösen, sondern droht, diese zu perpetuieren.
Die vollständige Studie finden Sie hier: https://hayek-institut.at/wp-content/uploads/2025/05/Budgetanalyse-2025_2026.pdf
Martin Gundinger ist seit 2020 als Senior Research Fellow (seit 2016 als Research Fellow) am Hayek Institut und am Austrian Economics Center tätig. Neben seiner Tätigkeit als Wirtschaftswissenschaftler hat er viele Interessengebiete, die von der Informatik bis zur Medizin reichen. Er begeistert sich für Spitzentechnologie und ist von der Kraft des menschlichen Erfindungsreichtums und der individuellen Freiheit überzeugt.