
Zwischenstand in Armageddon
Die gewünschten Bomber sind nun von Missouri nach Guam unterwegs, begleitet von einer Auftankflotte, schon um ihren Weiterflug Richtung Naher Osten, vermutlich nach Diego Garcia, zu gewährleisten. Niemand weiß, ob und wie Trump entschieden hat. Pakistan versucht sich nochmals als Retter der Mullahs: Man habe Trump offiziell zum Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Der Krieg geht in die zweite Woche, und die Gefühle in Israel sind gemischt: einerseits große Freude über die rasch errungene Lufthoheit, über die Vernichtung vieler Abschussrampen und anderer Waffensysteme und Befehlsstationen, ebenso über die Ausschaltung vieler Verantwortlicher auf der obersten Befehlsebene, darunter auch solcher, die den Anschlag vom 7. Oktober 2023 ermöglicht und mitorgansiert haben. Freude auch über die offensichtliche Schwäche der iranischen Gegenangriffe auf Israel.
Das Meiste wird abgefangen, das andere ist eher harmlos – Einzelfälle, wie ein Schlag auf ein Krankenhaus in Zentral-Israel, der unter evidentes Kriegsverbrechen fällt, ausgenommen. Auch die "Zurückhaltung" der Iran nahestehenden Milizen im ganzen Nahen Osten wird begrüßt. Die Houthis üben zwar das aus Merkel-Deutschland bekannte "Aufstehen gegen Trump", dürften aber à la longue auch isoliert sein.
Andererseits war die Hoffnung auf einen raschen Umsturz im Iran voreilig. Eine vierzigjährige Diktatur ist ein wahrer Prokrustes, den sogar Odysseus nur mit viel List bezwingen konnte. Israel bemerkt, dass die "innere Sicherheit des Regimes fortbesteht. Bomben des Feindes im eigenen Land fördern eher einen letzten Zusammenhalt. Zudem ist der Iran riesengroß: ein Goliath gegen das kleine Israel, was freilich auch den Nachteil der Vielfalt mit sich bringt. Nicht nur schiitische Iraner, auch sunnitische, dazu kurdische, Azeris, Baloch und Araber sind "zusammenzuhalten". Und diese müssen von den politischen Oppositionsgruppen (noch eine große Vielfalt) erst noch eingefangen werden.
Eher sekundär: Putin lauert im Hintergrund. Seine Rhetorik ist sehr "entschieden": Wenn die USA eingreifen, wird auch Moskau eingreifen. Aber sein Absturz in Syrien dürfte ihm doch zu denken geben.
Netanyahus siegreiche Strategie wird in Israel bereits verklärt. Nur die FAZ entdeckt noch neue Literaten in Israel, die den antiisraelischen Kontrapunkt des Feuilletons gestalten dürfen. (Der gestandene Michel bleibt sich treu, Staatsräson hin, Staatsräson her, Völkerrecht hin, Völkerrecht her...)
Erdogan bemüht sich zwar eifrig, gegen Israel zu intrigieren, womit er sich als NATO–Mitglied neuerlich (weg-)empfiehlt. Aber dem Palast-Neo-Osmanen in Ankara steht sein Sunnitentum doch arg im Weg, wenn er iranische Minister in Istanbul huldvoll empfängt. Vermutlich nur ungern lassen sich die Nachfolger des Letzten Imams von einem Muslimbruder helfen, die Satans dieser Welt zu besiegen. Die seit 1979 verschworene Herzensangelegenheit lassen sich die Jünger des Letzten Imams nicht mehr nehmen.
Zurück zu Trump: Wenn wir auf dem Niveau der "Krone" analysieren, geht Mister Präsident nun im Weißen Haus im Kreis um sich herum und fragt seine Berater: Friedensnobelpreis? Wegen oder auch ohne Auslöschung von Fordow und Natanz?
Und Israel sollte aus dem Gaza-Krieg und dessen Umständen gelernt haben: Wenn der Westen Davids Todfeinde unterstützt und die "zionistische Entität" verunsichert und an sich selbst zweifeln lässt, ist höchste Gefahr im Verzug. Den schiitischen Satan im atomaren Gewande wollten Obama und Biden nicht erkennen. Jetzt besteht Hoffnung auf Vernunft und neuen Frieden im Nahen Osten.
Leo Dorner ist ein österreichischer Philosoph.