
Die verfassungsrechtlichen Grenzen der staatlichen Finanzierung von NGOs
NGOs und gemeinnützige Vereine werden in wachsendem Ausmaß aus öffentlichen Geldern finanziert, damit sie Aufgaben übernehmen, die in staatlichem Interesse liegen bzw. überhaupt staatlichen Zielen dienen. Die entsprechenden Aufgaben werden demnach aus der öffentlichen Verwaltung herausgenommen, ausgelagert und privatrechtlichen Institutionen übertragen. Hierbei bleibt meistens ungeprüft, inwieweit das überhaupt aufgrund unserer Verfassung zulässig ist.
Öffentliche Gelder, Steuergelder, sind – ein Grundprinzip eines demokratischen Staates – grundsätzlich nur für die Finanzierung der Durchführung staatlicher Aufgaben vorgesehen. Nur wegen dieses Verwendungszweckes besteht überhaupt die Verpflichtung der Steuerzahler, Steuern und Abgaben zu entrichten. Und dann darf der Vollzug staatlicher Aufgaben nur auf Grund der Gesetze vorgenommen werden (Art. 18 B-VG). Dementsprechend geschah in der Vergangenheit die Auslagerung staatlicher Aufgaben in Form eigener Gesetze. Es wurden dafür sogenannte Körperschaften öffentlichen Rechtes geschaffen, deren Einrichtung und deren Aufgabenvollzug, zum Teil auch Mittelbeschaffung, dann mittels jeweils eigener Gesetze der Verfassung entsprechend geregelt wurde.
In weiterer Folge wurden sowohl öffentliche Körperschaften, z.B. Gemeinden, aber auch privatrechtliche Institutionen, Vereine und Stiftungen, mit finanziellen Zuschüssen, Subventionen und Förderungen aus öffentlichen Budgets bedacht, um ihre bereits aus eigenen Quellen finanzierte und im Staatsinteresse gelegenen Tätigkeit ausweiten zu können. Dabei handelte es sich um Institutionen, die z.B. als Vereine hauptsächlich von Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert wurden oder aus Stiftungen von einem aus privater Quelle stammenden Vermögen.
Etwas anderes ist es aber, wenn private Institutionen, Vereine oder Stiftungen ausschließlich oder fast ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert und oft sogar überhaupt erst gegründet werden, um aus öffentlichen Geldern finanziert zu werden. Und da geht es dann nicht um staatliche Zuschüsse für hauptsächlich privat finanzierte Einrichtungen, sondern um weit überwiegende oder gänzliche staatliche Finanzierung. Und hier ist dann oft der Zweck der staatlichen Förderung klar: Man will gezielt den Beschränkungen entgehen, die gesetzlich für die staatliche Ausgabentätigkeit bestehen (vor allem den Grundsätzen von Sparsamkeit und Kontrolle). Diese Zweckbestimmung widerspricht den Grundsätzen der Verfassung, weil dem verfassungsrechtlichen Grundsatz widersprochen wird, dass die gesamte staatliche (= staatlich finanzierte) Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf.
Die auf diesem Gebiet in letzter Zeit in steigendem Ausmaß vorgenommenen Missachtung der einschlägigen verfassungsrechtlichen Beschränkungen hat nicht nur zu einem fast unüberschaubaren Anwachsen von NGOs und gemeinnützigen Vereinen geführt (derzeit rund 900), sondern auch zu einer mehr und mehr unkontrollierbaren und unkontrollierten Ausgabe staatlicher Finanzmittel und natürlich demgemäß zu einer Mitschuld an der Überforderung der staatlichen Budgets und der wachsenden Staatsverschuldung.
Wenn auf diesem Gebiet keine grundsätzliche Kehrtwendung geschieht, wird wohl eine Budgetsanierung und eine Staatsschuldenreduzierung sehr, sehr lange auf sich warten lassen.
Von der Bewahrung des Status des Staates Österreich als Rechtsstaat erst gar nicht zu reden.
Dr. jur. Peter F. Lang, Wien, Ministerialrat i.R. bzw. Gesandter i.R. (pensionierter Beamter des Außenministeriums)