
Abschiebung in "unsichere Staaten" ist rechtlich möglich
In der Asylpraxis in der EU gilt die Regel, dass in sogenannte "unsichere Herkunftsstaaten" Asylsuchende generell nicht abgeschoben werden dürfen. Diese Vorgangsweise ist rechtlich nicht gedeckt. Es gibt nämlich gar keine Liste von "unsicheren Staaten" im Asylrecht.
Es gibt nur Listen von "sicheren Staaten", und EU-Länder können selbst bestimmen, welche Staaten sie als sicher ansehen. Allerdings gelten in der EU-Praxis alle Länder, die da nicht angeführt sind, als "unsicher" und in die darf dann generell nicht abgeschoben werden. Diese Praxis ist in den relevanten Konventionen aber rechtlich gar nicht gedeckt.
Nur wer aus einem sicheren Herkunftsstaat (z.B. Rumänien) kommt und in der EU einen Asylantrag stellt, kann derzeit schnell abgelehnt und abgeschoben werden.
Wenn jedoch ein Herkunftsland nicht als "sicher" eingestuft wird (wie Syrien oder Afghanistan), so gilt dieses in der bisherigen Praxis pauschal als unsicher und es wird dorthin generell (!) nicht abgeschoben. In Wahrheit gibt es aber nur Artikel 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Abschiebungen verbietet. Dieser Artikel besagt, dass niemand in einen Staat abgeschoben werden darf, in dem für ihn das Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen Behandlung besteht.
Aber das bedeutet nicht, dass angenommen werden kann, dass sich die Behörden eines Staates, der nicht als "sicher" bezeichnet wird, gegen eigene Staatsbürger, die zu ihnen abgeschoben werden, weil kein Asylgrund vorliegt, ungerecht verhalten würden. Wieso denn? Im Gegenteil muss zur Kenntnis genommen werden, dass die dort lebende Bevölkerung in ihrem Staat ohne allgemeine Verfolgung durch die Staatsbehörden lebt. Dass ein ungefährdetes Leben in diesem Staat möglich ist und dies für die dort lebende Bevölkerung generell der Fall ist.
Dies gilt z.B. sowohl für die Bevölkerung in Syrien wie für die in Afghanistan. Demgemäß muss auch bei einem Asylsuchendem aus einem Land, das nicht auf der Liste der "sicheren Staaten" angeführt ist (also bei einem Syrer oder Afghanen), individuell geprüft werden, ob er individuell bei der Rückkehr in das Heimatland einer unrechtmäßigen Verfolgung ausgesetzt wäre, also einer Verfolgung aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund politischer Überzeugung, und deshalb Folgen für Leib und Leben zu befürchten hätte.
Jeder Fall ist jedoch individuell zu prüfen und individuell zu entscheiden. In ein Land, wo z.B. Christen Verfolgung droht, können Moslems natürlich gefahrlos abgeschoben werden. Generell "gefährliche Herkunftsstaaten" gibt es also gar nicht, was für Christen gefährlich sein könnte, ist es für Moslems dort nicht. Und wieso sollte jemand, der keinen Asylgrund und keinen Anspruch hat, bei uns aufgenommen und versorgt zu werden, generell in seiner Heimat gefährdet sein?
Daher sind z.B. nach Afghanistan und Syrien auch Abschiebungen möglich und rechtlich zulässig, sofern eine Zusammenarbeit der Behörden des Aufnahme- und des Heimatlandes zustande kommt. In anderen Fällen kann eine Ausweisung (zur selbstständigen Ausreise) ausgesprochen werden. In jedem Fall sind aber alle Zuwendungen bis auf das Lebensnotwendige einzustellen.
Dr. jur. Peter F. Lang, Wien. Ministerialrat i.R. bzw. Gesandter i.R. (pensionierter Beamter des österreichischen Außenministeriums)