
EU-Medienfreiheitsgesetz: Haft für kritische Journalisten
Vor wenigen Tagen ist der European Media Freedom Act (EMFA), das Europäische Medienfreiheitsgesetz, vollständig in Kraft getreten. Was uns Brüssel als "Schutz von Medienfreiheit und Pluralismus" verkauft, ist in Wahrheit ein weitreichendes Zensur- und Überwachungsgesetz, das den Behörden freie Hand bei der Verfolgung kritischer Journalisten lässt.
Der Name des neuen EU-Gesetzes ist an Zynismus kaum zu überbieten. Er könnte aus Orwells Roman 1984 übernommen worden sein. Mit Freedom, mit Freiheit und deren Schutz hat dieses Gesetz absolut nichts am Hut. Es ist vielmehr die rechtliche Grundlage, mit der künftig unliebsame Journalisten völlig willkürlich verfolgt, ausspioniert und sogar eingesperrt werden können.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen postete am Tag, als der EMFA in Kraft trat, auf X: "Eine freie und unabhängige Presse ist eine wesentliche Säule unserer Demokratie. Mit unserem Europäischen Gesetz zur Medienfreiheit wollen wir ihren Schutz verbessern. So können Journalisten ihre wichtige Arbeit sicher und ohne Störungen oder Einschüchterungen fortsetzen." Soweit die offizielle EU-Propaganda.
Wie sich von der Leyen Presse- und Meinungsfreiheit in der Praxis vorstellt, illustriert ein Vorfall in Finnland: Bei einer Publikumsveranstaltung in Helsinki lobte von der Leyen die Meinungsfreiheit in der EU. Einen kritischen Zwischenrufer blaffte sie an: "Seien Sie froh, dass Sie in einem freien Land sind. In Russland wären Sie in zwei Minuten verhaftet worden." Im EU-Staat Finnland dauerte es nicht einmal eine Minute. Der Mann wurde sofort von Sicherheitskräften gepackt und abgeführt. Mittlerweile hat ihn ein Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er einem Beamten bei seiner Verhaftung Schaden zugefügt haben soll. Bei der Meinungsfreiheit hat die Kluft zwischen Theorie und Praxis, zwischen Sonntagsreden und der Realität in der EU mittlerweile die Breite des Grand Canyons erreicht.
Im EMFA wird zwar lange und viel über den Schutz von Journalisten und der Pressefreiheit geschwurbelt, doch das ist alles Makulatur. Denn das wirklich Wichtige steht sozusagen im Kleingedruckten, versteckt sich in Nebensätzen und "Ausnahmeregeln", die in Wahrheit die Ausnahme zur Regel machen.
So heißt es etwa in Artikel 4, dass Journalisten nicht zur Preisgabe ihrer Quellen durch den Einsatz von Spionagesoftware oder Verhaftungen gedrängt werden dürfen. Das klingt erstmal gut, allerdings folgt eine Passage, die diese Zusage aufhebt und für nichtig erklärt. Denn ein Journalist kann jederzeit nicht nur von den Behörden ausspioniert, sondern auch verhaftet werden, wenn das im "allgemeinen Interesse" ist. Konkret heißt es, dass solche schwerwiegenden Maßnahmen, wie man sie nur aus autoritären und totalitären Systemen kennt, rechtens sind, wenn sie "durch einen überwiegenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und […] verhältnismäßig" sind.
Was verhältnismäßig und was im allgemeinen Interesse ist, wird nicht näher ausgeführt, was den Behörden breiten Spielraum einräumt, sprich: einen Freibrief ausstellt, um unliebsame und kritische Journalisten jederzeit bedrohen, aus dem Verkehr ziehen und sogar ins Gefängnis stecken zu können. Das ist Medienfreiheit à la EU.
Das EU-Gesetz erlaubt den Behörden, nichtlinke Journalisten mit sogenannter intrusiver Überwachungssoftware, also mit Viren, Trojanern und Spyware zu überwachen und auszuspionieren. Das ist zwar gemäß dem EMFA grundsätzlich verboten, aber auch hier wird dieser angebliche Schutz für Journalisten und die Meinungsfreiheit noch im selben Absatz aufgehoben. Wenn gegen Journalisten wegen bestimmter Straftaten ermittelt wird, sind all diese Verbote null und nichtig. Und zu diesen Straftaten gehören laut EMFA explizit "Rassismus und Fremdenfeindlichkeit". Soll heißen, jeder Journalist, der sich kritisch über die Zuwanderungs-, Asyl- und Integrationspolitik äußert, der die von Brüssel hochgehaltenen Multikulti-Dogmen kritisiert, gerät automatisch in Gefahr, verfolgt, überwacht und eingesperrt zu werden. Dafür reicht, wenn man sich etwa die Rechts- und Spruchpraxis in Deutschland ansieht, oftmals ein falsches, ein politisch unkorrektes Wort.
Das EMFA dient laut Brüssel auch dazu, den ebenfalls die Presse- und Meinungsfreiheit stark einschränkenden Digital Services Act (DSA) zu erweitern und zu ergänzen, sprich: die letzten Lücken und Schlupflöcher für die freie Meinungsäußerung, die in der EU noch existiert haben, zu schließen.
EMFA und DSA sind ein "klarer, rechtsverbindlicher Rahmen für die nationalen Regulierungsbehörden", um gegen Medien und Plattformen vorgehen zu können, die "systematisch Desinformation betreiben, einschließlich Informationsmanipulation und -beeinflussung".
Wer den EU-Neusprech versteht, weiß, dass Desinformation für Brüssel gleichbedeutend mit Kritik an der globalistischen, zentralistischen EU-Politik ist, dass man mit der Bekämpfung von Informationsmanipulation nichts anderes meint, als die Verfolgung jener, die zwar korrekte, aber den EU-Machthabern nicht genehme Fakten veröffentlichen.
Der EMFA soll aber nicht nur kritische Meinungen und die Verbreitung missliebiger Informationen innerhalb der EU de facto verbieten, er dient auch dazu – wie das bei allen autoritären Systemen Usus ist –, Informationen von außen, also aus dem Ausland zu filtern, zu zensieren und abzublocken. Die EU betrachtet und behandelt nichtlinke Medien aus den USA, Russland etc. als gefährliche "Feindsender".
Brüssel will mit dem EMFA "Medienmarktakteure, […], die systematisch Desinformation oder ausländische Informationsmanipulation und Einmischung im Informationsraum betreiben" bekämpfen. Der Gesetzestext ist voll mit Formulierungen, in denen vor der Beeinflussung der europäischen Medien von außerhalb der EU gewarnt wird. In der Präambel zum EMFA heißt es, dass "systematische, internationale Kampagnen der ausländischen Informationsmanipulation und Einmischung" die EU als "Ganzes oder einzelne Mitgliedstaaten" destabilisieren könnten.
Die Zielrichtung solcher ins Paranoide schlagende Aussagen ist klar: Die EU will den gesamten Informationsfluss in den digitalen und klassischen Medien kontrollieren, steuern und zensieren und von äußeren Einflüssen abschotten. Das beunruhigt in dieser Radikalität selbst den ein oder anderen Vertreter der traditionell EU-hörigen linken Haltungspresse. Auch Patrick Breyer, ehemaliger Europaabgeordneter der Piratenpartei kritisiert: "Wenn wir aber anfangen, den Zugang unserer eigenen Bürger zu ausländischen Informationsquellen abzuschneiden und Auslandsmedien zu zensieren, ist das aus meiner Sicht nicht vereinbar mit den Grundsätzen eines freien Landes und eines mündigen Bürgers."
Die Mainstreampresse hat über den Medienverband der freien Presse (MVFP), dem unter anderem der Spiegel und die FAZ angehören, den EMFA, als er noch in Planung war, kritisiert: "Gleichzeitig unterwirft der Vorschlag der Kommission die freie Presse in Europa einer zentralen europäischen Aufsichtsbehörde unter Beteiligung der Kommission selbst. Die Delegierten des Medienverbands der freien Presse lehnen diese von Brüssel geplante Kontrolle ihrer publizistischen Freiheit aus sehr grundsätzlichen Überzeugungen ab."
Die Rede ist hier vom Gremium für Mediendienste, in dem – wie bei der EU üblich – nicht vom Volk gewählte Vertreter sitzen. Offiziell hat das Gremium nur "beratende" Funktion, tatsächlich ist es eine zentrale über den Mitgliedstaaten stehende Stelle zur Durchsetzung und Überwachung des EMFA, sprich von Zensur in der EU.
Doch die Kritik der Mainstreammedien am EMFA ist nur halbherzig, zumal sie wissen, dass sich das Gesetz exklusiv gegen rechte und patriotische Medien, Journalisten und mehr oder weniger zensurfreie digitale Plattformen wie X, also gegen ihre eigene Konkurrenz richtet, während sie selbst für ihre EU-Propaganda und ihren linken Haltungsjournalismus von Brüssel und den nationalen Institutionen belohnt und gefördert werden.
Alle kritischen Medien werden hingegen, wie es in den Schlussbestimmungen des EMFA heißt, "fortlaufend beobachtet", um "das Funktionieren" des "Binnenmarktes für Mediendienste" zu gewährleisten. Mit dem EMFA, dem Medienfreiheitsgesetz, hat sich die EU endgültig und offiziell von der Presse- und Meinungsfreiheit verabschiedet.
Werner Reichel ist Journalist und Buchautor: Von ihm zuletzt erschienen: "Die hysterische Gesellschaft – Wenn der letzte Vorhang fällt" (Frank&Frei) und "Endspiel – Der Multikulticrash" (Kopp).