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Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!

Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!

Diese Forderung nach Gedankenfreiheit findet sich in Schillers Don Carlos. Die Freiheit, Gedanken auch zu verbreiten, musste hart erkämpft werden und wird schön durch den Satz "Ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen" beschrieben. Ob dieser nun von Voltaire stammt oder nicht ist belanglos, jedenfalls ist es eine grundsätzliche Aussage.  

Politische Debatten werden in Freundeskreisen immer wieder vermieden, oft mit dem Hinweis, die Freundschaft sei zu wertvoll, um sie durch gegensätzliche politische Auffassungen zu gefährden. Wie kann es das geben? Leo ist der Meinung, die Erderwärmung ist eine Folge verschiedener astronomischer Fakten, beispielsweise der über Jahrtausende schwankenden Erdumlaufbahn, wenn sie auch seit der Industriellen Revolution durch CO2-Emissionen verstärkt wurde. Hans teilt die von den politisch Mächtigen verbreitete Theorie von der menschengemachten Erderwärmung.

Letztendlich sind es die politischen Ableitungen, die zu einem Zerwürfnis führen könnten, weil sie in der Demokratie unterschiedliche politische Auswirkungen ergeben. Das ergibt natürlich Sprengstoff. Folglich dürfte man daher über politische Themen immer nur mit gleichgesinnten Freunden sprechen, was prinzipiell auch für Bekannte gelten sollte. Abgesehen davon, dass das ganz schön langweilig ist, widerspricht es dem Prinzip "Audiatur et altera pars" und muss letztendlich in eine Echokammer führen.

Was jetzt? Die Freundschaft aufs Spiel setzen? Das muss nicht sein, gibt es doch sogar Beispiele von politischen Gegnern, die bis zuletzt freundschaftlich verbunden waren. Hier zeigt sich, dass es unbedingt erforderlich ist, die Debatte von der emotionalen Ebene fernzuhalten, um nicht in die Falle des Missionierens zu geraten. Die Behauptung, zwei und drei ist fünf, lässt sich "mit links", also mit der linken Hand allein überprüfen, auch wenn man dafür alle Finger einschließlich Daumen braucht. Da gibt’s nichts zu glauben, das ist so. Wo Glaube ins Spiel kommt, ist hingegen Missionieren nicht weit, wenn nicht gar Verpflichtung. Andererseits geht es in einer komplex gewordenen Umwelt nicht ohne Vertrauen in die Richtigkeit der zur Verfügung stehenden Informationen, deren Verbreitung allerdings weitgehend der politischen Kontrolle unterliegt. Im Teufelskreis der Post-Demokratie sind viele Bereiche wie z.B. die Währung, das Bildungswesen, die Medien u.a. durch den Staat kontrolliert und werden eiskalt zum Machterhalt der Parteien eingesetzt.

Natürlich ist es jedem lieber, er findet seine Meinung bestätigt statt auf Widerspruch zu stoßen, besser noch, der andere schließt sich der geäußerten Auffassung an. Solange man die Diskussion unter der Prämisse der gegenseitigen Achtung führt, wird sie auch kaum in Unterstellungen oder gar Beschimpfungen ausarten. Die Aussage "Du mit deiner einseitigen Wasauchimmer-Haltung wirst das natürlich nicht begreifen" sollte in keiner Debatte etwas verloren haben.

Hans, der eine politische Diskussion ablehnt, folgt unkritisch vorwiegend Informationen, die die staatlichen Vorgaben wiedergeben, während Leo anderen, vom Staate unabhängigen Quellen den Vorzug gibt. Wichtig wäre hier eine sachliche Diskussion, welche Informationsquellen vertrauenswürdig sind und welche nicht. Gerade unter Freunden könnte eine solche Debatte besonderes zielführend sein.

Bei Lichte betrachtet ist Hans‘ Haltung eine Unterdrückung der Redefreiheit. Geht man so mit einem Freund um?

 

Ludwig Plessner war Offizier und Jabo-Pilot, anschließend in der Privatwirtschaft tätig.